Für den Ukrainischen Rundfunk UA:PBC - rbb-Hilfskonvoi in der Ukraine angekommen

So 20.03.22 | 17:37 Uhr | Von Helena Daehler
Hilfskonvoi in die Ukraine (Quelle: Helena Daehler)
Video: Abendschau | 21.03.2022 | H. Daehler | Bild: Helena Daehler

Wenige Tage nach Kriegsbeginn gab der Ukrainische Rundfunk einen Hilferuf ab. Aufgrund der Angriffe brauche man dringend Unterstützung. Hilfe kommt von mehreren Landesrundfunkanstalten – auch vom rbb. Von Helena Daehler

24 Stunden vor der geplanten Übergabe, bereits auf dem Weg Richtung Polen, kriegt Heiko Nehse, rbb Produktions- und Direktionsabteilung, eine E-Mail mit beunruhigenden Nachrichten: Der Ukrainische Rundfunk erhält nicht wie geplant eine Sondergenehmigung, um eine Übergabe der Hilfsgüter auf polnischem Boden zu arrangieren.

"Das sind alles Männer unter 60, die das Land nicht verlassen dürfen. Möglicherweise treffen wir uns jetzt eben genau auf der Grenzlinie, so dass weder die Ukrainer nach Polen noch wir in die Ukraine einreisen müssen." Das Worst-Case-Szenario wäre: Voll beladen wieder nach Berlin zu fahren.

Drei Lkw voll Technik

Der rbb-Hilfskonvoi besteht aus drei Lkw. Zwei davon sind graue, fahrende Stromgeneratoren mit jeweils über 100 Kilowatt Leistung. Damit ist es möglich komplette Sendestudios mit Strom zu versorgen. Neben Produktionstechnik standen auch diese Generatoren auf einer Bedarfsliste, die der ukrainische Rundfunk der Europäischen Rundfunkunion EBU hat zukommen lassen.

"Das wurde dann koordiniert, damit Doppel- und Dreifachlieferungen vermieden werden und jede einzelne Rundfunkanstalt liefert nur das, was man dort in der Ukraine gebrauchen kann", sagt Heiko Nehse. "Seit zwei Jahren werden die beim rbb nicht mehr gebraucht. Sie wurden in erster Linie für stromhungrige Scheinwerfer älterer Bauart gebraucht, die heute nicht mehr im Einsatz sind." Im dritten Lkw sind mobile Sendetechnik und Hilfsgüter, die durch eine Spendenaktion unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des rbb finanziert wurden.

Verabredung am Grenzübergang

Die technischen Hilfeleistungen sollen in der West-Ukraine in Lwiw zum Einsatz kommen, dorthin musste der öffentlich-rechtliche ukrainische Rundfunk UA:PBC seinen Hauptsitz verlagern, da die Produktion in Kiew nicht mehr sicher genug ist.

Durch die Generatorwagen des rbb kann am neuen Produktionsstandort unabhänig von der Stromversorgung durch Kraftwerke gearbeitet werden. Außerdem garantieren die mobilen Generatoren auch mehr Flexibilität, sollte der Standort erneut verschoben werden müssen.

Mit dem UA:PBC verabreden wir uns schlussendlich an einem Grenzübergang in der Nähe von Lwiw. Auf dem Weg dorthin, auf den Autobahnen Richtung Osten, sind viele bis unters Dach vollgepackte Fahrzeuge mit blau-gelben Farben zu sehen. Es sind unzählige privat organisierte Hilfstransporte aus ganz Europa. Vor dem Grenzübergang stauen sich diese Autos, es dauert Stunden bis sie über die Grenze in die Ukraine kommen. Aus der anderen Richung kommend sehen wir Menschen, die mit großen Rollkoffern zu Fuß die Grenze nach Polen überqueren. Es sind fast ausschließlich Frauen, Kinder und alte Menschen. Sie suchen in weißen Zelten Schutz vor der Kälte und warten an der Grenze auf eine Möglichkeit zur Weiterreise.

Wofür wird das gebraucht?

Auch wir brauchen am Zoll mehrere Stunden, bis die zwei rbb-Generatorwagen und der Lkw als Transport für Humanitäre Hilfe anerkannt werden. Polnische Grenzpolizisten machen alle Luken und Türen der Generatorwagen auf, schauen rein, sehne die silbernen Rohre, die bunten Knöpfe, die vielen Kabel und haben Fragen: Wofür wird das in der Ukraine gebraucht? Welche Bestätigungen gibt es? Könnte man die Sendetechnik auch für andere Zwecke benutzen?

Es werden Zettel ausgefüllt, Anträge unterschrieben und der Stapel an Dokumenten in unseren Händen wächst. Ohne die Hilfe unserer polnisch sprechenden Kollegen wären wir defintiv aufgeschmissen. Als endlich alles geklärt zu sein scheint, bewegt sich der Lkw-Konvoi nur im Schneckentempo. Viele andere Hilfstransporte hätten nämlich gar keine Exportpapiere, erklärt uns ein Zollbeamter.

Hilfskonvoi in die Ukraine (Quelle: Helena Daehler)
Bild: Helena Daehler

Innerhalb von zwei Wochen Ersatzstudio in Lwiw aufgebaut

Währenddessen warten die ukrainischen Kollegen in wenigen hundert Metern Entfernung nun schon seit Stunden mit einem leeren Lkw um die Spenden und die mobile Sendetechnik umzuladen. Vitali, ein Rundfunkkollege des UA:PBC erwartet uns auf der ukrainischen Seite des Grenzübergangs, wo ein Soldat in sandfarbenem Tarnanzug, Helm und Maschinenpistole unsere Dokumente überprüft. Vitali darf uns einweisen, auf einen großen Parkplatz, wo auch der Rest des Teams aus der Ukraine wartet.

Wir werden trotz der stundenlangen Warterei freudig empfangen. Der Technische Leiter des ukrainischen Rundfunks Iurii Boichuk lächelt zufrieden, als er die Stromgeneratoren sieht. "Das ist sehr wichtig für uns. Für unsere Produktion und auch für unser Ausspiel. Derzeit müssen wir ohne zuverlässige Stromversorgung produzieren." Innerhalb von nur zwei Wochen hätten Sie das Ersatzstudio in Lwiw aufgebaut, um dort auf zwei neuen Fernsehkanälen zu senden.

Bis tief in die Nacht werden dann wiederum auf der ukrainischen Seite alle Formalitäten geprüft. Erst am frühen Morgen schickt Iurii eine Nachricht: Daumen hoch. Sie konnten die Technik sicher zu ihrem Einsatzort weiter transportieren.

Sendung: Abendschau, 20.03.2022, 19:30 Uhr

Beitrag von Helena Daehler

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