Benefizkonzerte für die Ukraine - "Die Kunst ist wichtig, wenn sie hilft"
Die Hilfsbereitschaft für die Ukraine ist groß. Apotheken spenden Verbandszeug, Wohnbaugesellschaften stellen Räume zur Verfügung. Die Pianistin Kateryna Titova spielt beruflich Klavier – und tut genau das, um für die Ukraine zu sammeln. Von Vera Block
Kateryna Titova sitzt vorgebeugt am Flügel und spielt mit halb geschlossenen Augen eine Skarlatti-Sonate - doch dann bricht sie ab, von Gefühlen übermannt.
Die Sonate spielte sie auch vor einer Woche während des ersten Konzerts der Reihe "Mondays for Ukraine" und wollte es auch im Potsdamer Palais Lichtenau aufführen. Doch Titova sagt, sie "konnte emotional nicht weiterspielen."
Die Berliner Musikerin mit den ukrainischen Wurzeln hatte das Konzert in weniger als 24 Stunden organisiert. Am Abend füllte sich der Saal, das Konzert wurde ein Erfolg. Es kamen Spenden im fünfstelligen Bereich zusammen. "Wir hatten im Publikum zum Beispiel Günther Jauch, und es wurde großzügig gespendet für die Menschen aus der Ukraine. Das ist im Moment das Wichtigste", sagt die Pianistin.
Im Donbass groß geworden
Kateryna Titova ist in der Ukraine, im Donbass, groß geworden und hat in Charkiw an einer Sondermusikschule für Begabte studiert. Dort finden jetzt erbitterte Kämpfe statt. Deswegen befindet sich Kateryna Titova, die seit acht Jahren Berlinerin ist, im Ausnahmezustand. Sie organisiert Unterkünfte und Transporte für Menschen, die aus der Ukraine flüchten. Oft sind es Menschen aus ihrem Metier, der Musik. Für sie und mit ihnen hat die Pianistin auch das erste Benefizkonzert in Potsdam gestemmt. Kunst sei sehr wichtig, sagt sie. "Aber Kunst ist wichtig ab dem Moment, wo sie hilft. Mit unserer Konzertreihe versuchen wir, konkrete Hilfe schnell zu bekommen und zu teilen."
Die Solidarität ist groß
Die Idee zu der Konzertreihe hatte das Potsdamer Ärzte-Ehepaar Tanja und Axel Fischer. Sie veranstalten im Saal ihres klassizistischen Palais Lichtenau in der Potsdamer Innenstadt regelmäßig Musikveranstaltungen. Auch Kateryna Titova trat dort auf. Jetzt ist aber ihr Organisationstalent gefragt. Denn die Konzerte "Mondays for Ukraine" sollen nun wöchentlich stattfinden. Das Besondere dabei: Es soll immer ein Star-Gast dabei sein.
Am 21. März wird Kateryna Titova zum Beispiel mit dem Solo-Oboisten der Berliner Philharmoniker Albrecht Meyer zusammenspielen. "Im normalen Leben ist es nicht normal, dass bekannte Künstlerinnen und Künstler mit unbekannten zusammenspielen, aber wir wollen das mischen." Auch habe der Opernsänger Thomas Quasthof zugesagt, zählt Kateryna Titova auf, und die viel beachteten Nachwuchs-Geigerinnen Diana Tischchenko und Eva Rabchewska. Aber auch viele weniger namhafte Künstlerinnen und Künstler aus Georgien, Israel und anderen Ländern seien dabei, die in der Musikszene der Region aktiv sind.
Musiker aus dem Kriegsgebiet
Das Konzert am 7. März soll aber ganz im Zeichen der ukrainischen Musikerinnen und Musiker stehen: Es wird die international anerkannte ukrainische Bratschistin Kateryna Suprun auftreten. Dazu wird der Visual-Art Künstler Serhiy Horobets live performen. Auch ein Streichquartett steht auf dem Programm mit Werken eines in Kiew lebenden iranischen Komponisten. Einem Musiker musste noch schnell ein neues Instrument besorgt werden, denn sein Cello musste er im Kriegsgebiet zurücklassen. All diese Musiker sind vor wenigen Tagen aus der Ukraine nach Deutschland geflüchtet.
Sendung: Inforadio, 07.03.2022, 06:55 Uhr