Zukunft ohne russisches Öl - Wirtschaftsminister Habeck besucht Raffinerie in Schwedt

Mo 09.05.22 | 14:12 Uhr
Symbolbild: In der PCK-Raffinerie GmbH wird überschüssiges Gas in der Rohölverarbeitungsanlage verbrannt. (Quelle: dpa/P. Pleul)
Audio: Antenne Brandenburg | 06.05.2022 | Sara Schiwy | Bild: dpa/P. Pleul

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will am Montag in Schwedt Gespräche mit der PCK-Raffinerie führen. Es geht um die Zukunftsperspektiven des noch vom russischen Staatskonzern Rosneft kontrollierten Betriebs und seiner Mitarbeiter.

Das rbb-Fernsehen sendet um 20:15 Uhr ein Spezial "Wie weiter in Schwedt?"

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) reist am Montag nach Schwedt in den Landkreis Uckermark und wird dort Gespräche mit der Geschäftsführung und der Belegschaft der PCK-Raffinerie führen.

Habeck sieht eine gute Chance, dass die Raffinerie trotz des geplanten Öl-Embargos gegen Russland erhalten bleibe, wie er am Sonntag dem Fernsehsender "Welt" sagte. Das Öl könne über andere Wege nach Schwedt kommen, zum Beispiel über Rostock oder Danzig. In einer Kooperation mit dem Hafen Rostock könne sich das Werk weiterentwickeln und mit einer Ausrichtung auf Wasserstoff zu einer "Raffinerie der Zukunft" werden.

Die Raffinerie wird vom russischen Staatskonzern Rosneft kontrolliert. Das trägt maßgeblich zur Abhängigkeit Deutschlands von Öl-Lieferungen aus Russland bei.

Steinbach setzt auf "Raffinerie 2.0"

Wie der Bund setzt auch Brandenburg längerfristig auf eine Zukunft der Raffinerie PCK - unabhängig von Öl. "Ich sehe die Zukunft in einem Standort mit einem neuen, moderneren Raffineriekonzept unter Verwendung von Wasserstoff ebenso wie auch entsprechender Biomaterialien. Also einer Raffinerie 2.0", sagte der Brandenburger Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) den "Potsdamer Neuesten Nachrichten" (Montag). Er gehe von sieben bis acht Jahren dafür aus, wenn man sichergehen wolle auch von zehn Jahren. "Die Transformation ist eine Aufgabe, die sowieso anstand, weil man davon ausgehen konnte, dass in den nächsten zehn Jahren das klassische Konzept einer Raffinerie nicht mehr tragen würde."

Karte: Die Ölpipeline Druschba (Freundschaft) von Russland nach Schwedt/Rostock/Leuna. (Quelle: rbb/© OpenStreetMap contributors)

PCK unter Treuhandverwaltung?

Derweil hält Habeck mit Blick auf das geplante EU-Öl-Embargo gegen Russland Versorgungsprobleme vor allem in Ostdeutschland für möglich. In Schwedt endet die Pipeline "Druschba" (Freundschaft) aus Russland. Das Öl wird in der Raffinerie verarbeitet.

Dem Wirtschaftsministerium zufolge ist die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Öl von etwa 35 Prozent im vergangenen Jahr auf 12 Prozent gesunken. Bei diesen 12 Prozent handelt es sich um Belieferungen der Raffinerie in Schwedt. Habeck hatte mehrfach angekündigt, das Problem lösen zu wollen. Ein Hebel dazu könnte eine Änderung des Energiesicherungsgesetzes sein. Die Bundesregierung könnte auf Grundlage der Gesetzesänderungen die Raffinerie unter eine staatliche Treuhandverwaltung zu stellen oder sogar enteignen.

Ministerpräsident Woidke fordert finanzielle Hilfe

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) verlangt indes Hilfe des Bundes, um negative Folgen für Verbraucher und die Wirtschaft zu verhindern und die Raffinerie zu erhalten. In einem Brief an Habeck fordert Woidke am Freitag, dass Alternativen zu dem Öl aus der Druschba-Pipeline für den Betrieb der Raffinerie gefunden werden müssten. Zudem müssten die rund 1.200 Arbeitsplätze mit Maßnahmen der Bundesregierung gesichert werden. Drittens, schrieb Woidke, benötige die Region finanzielle Unterstützung für die Umbau- und Transformationsmaßnahmen.

Bauindustrieverband Ost warnt vor Versorgungsengpässen durch Embargo

Derweil sieht der Bauindustrie-Verband Ost durch ein Öl-Embargo die Versuchungssicherheit in weiten Teilen Ostdeutschlands als akut gefährdet an. Ein Einfuhrstopp von Rohöl aus Russland würde die Raffinerien in Schwedt und Leuna (Sachsen-Anhalt) schwer treffen, sagte Hauptgeschäftsführer Robert Momberg am Freitag. Die Preise bei Benzin und Heizöl würden enorm steigen.

Nach längerem Zögern hatte sich die Bundesregierung entschlossen, ein Öl-Embargo der Europäischen Union gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs zu unterstützen.

Bitumen für Straßenbau könnte fehlen

Es drohe auch ein massiver Engpass an Bitumen, das im Straßenbau benötigt wird, erklärte der Verbandschef. Schwedt und Leuna produzierten 30 Prozent des deutschlandweit benötigten Bitumens. Wegen der Nähe zu den Standorten sei die ostdeutsche Baubranche der Hauptabnehmer und würde unter den Folgen eines Embargos leiden. Baustopps wären die logische Folge.

Momberg forderte, dass der Bund, die ostdeutschen Landesregierungen und Wirtschaftsvertreter dafür sorgen müssten, dass die beiden wichtigen Raffinerien am Netz bleiben können. "Es braucht einen klaren Plan, der die Menschen vor Ort in den Blick nimmt und wirtschaftlich nachhaltig ist", so der Hauptgeschäftsführer. Der Verband vertritt 260 Bauunternehmen in Berlin, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt.

"Schwedt könnte Beispiel der Energiewende werden"

Auch die Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg (UVB) sprechen sich für einen Weiterbetrieb der Raffinerie im Falle eines Embargos aus. Schwedt werde gebraucht, auch wenn die Raffinerie dann wahrscheinlich teurer produzieren werde, teilten die Vereinigung am Freitag mit. Sie erwartet, dass damit die Transportkosten für alle Branchen steigen.

Mittelfristig könnte der Raffineriestandort Schwedt durch die Krise hingegen zu einem Beispiel der Energiewende werden, heißt es weiter. "Schwedt könnte ein Transformationspunkt werden, wie sich die Stadt mittelfristig von fossiler Energie auf erneuerbare Energie wandelt", sagte Geschäftsführer Sven Weickert. Das könne auf lange Sicht nachhaltiger und sinnvoller sein.

 

Sendung: Antenne Brandenburg, 06.05.2022, 15:30 Uhr

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