rbb|24-Datenrecherche - Gas-Neukunden müssen fast doppelt so viel zahlen wie Bestandskunden
Durch ohnehin hohe Weltmarktpreise und den Krieg gegen die Ukraine müssen Verbraucher:innen massive Preissteigerungen bei Gas verkraften. Besonders hart trifft es Neukunden, wie eine Datenauswertung zeigt. Von Götz Gringmuth-Dallmer
Wer aktuell gezwungen ist, sich als Verbraucher:in einen neuen Gasversorger zu suchen, muss zum Teil bis zu doppelt soviel zahlen wie Bestandskunden. Das ergab eine Stichproben-Recherche von rbb|24 zu aktuellen Gastarifen für Neukunden in der Region.
Wer zum Beispiel in Berlin in der Grundversorgung der Gasag Gas für eine 70 qm-Wohnung beziehen will und einen Verbrauch von 9.800 kWh im Jahr hat, muss als Neukund:in mit monatlichen Kosten von etwa 162 Euro rechnen. Bestandskunden in der Grundversorgung zahlen derzeit für die gleiche Menge knapp 80 Euro.
Zum ersten Mai hat die Gasag eine Angleichung der Tarife für Neu- und Bestandskunden angekündigt. Für Neukunden sollen die Preise dann deutlich sinken, für Bestandskunden werden sie weiter steigen. Bei dem oben genannten Jahresverbrauch werden beide dann knapp 100 Euro im Monat zahlen. Das bedeutet für Menschen mit einem alten Vertrag eine Steigerung von knapp 60 Prozent im Schnitt im Vergleich zum Jahr 2020. Damals waren für diese Menge noch 46 Euro fällig.
Grund für die Preissteigerungen sind die Einkaufspreise auf dem Weltmarkt. Der Gasag zufolge ist der Großhandelspreis verglichen mit März 2021 um mehr als 500 Prozent gestiegen.
Hinweis: Die Gasverbrauchswerte orientieren sich an dieser Liste [gasverbrauch-online.org] Der individuelle Verbrauch hängt von vielen Faktoren ab wie zum Beispiel der Dämmung der Wohnung, dem technischen Zustand der Gastherme oder der Temperatur, auf die Räume geheizt werden. Tipps zum Sparen finden Sie hier.
Angebot wurde eingestellt
Wie unübersichtlich und fragil der Tarifdschungel zur Zeit ist, zeigt das Beispiel der Stadtwerke Oranienburg. Zu Beginn dieser Recherche am 09.03. konnten sich Verbraucher:innen noch bei den Stadtwerken ein vergleichsweise günstiges Angebot online unterbreiten lassen. Wenige Stunden später gab es diese Möglichkeit nicht mehr. Auf Anfrage von rbb|24 hieß es dazu von den Stadtwerken Oranienburg, dass aktuell kein Produkt beim Online-Angebot abgeschlossen werden kann, da die Stadtwerke in einer Preis-Neukalkulation seien.
Bestandskunden im Grundtarif zahlen hier ungefähr so viel wie in Berlin, Neukunden derzeit etwas weniger, ab Mai deutlich mehr als in Berlin. Bei einem Verbrauch von 7.000 kWh pro Jahr werden dafür derzeit in Oranienburg etwa 108 Euro pro Monat im Neukundentarif fällig, in Berlin sind es für diese Gruppe zur Zeit 118 Euro, ab Mai sollen es 73 Euro sein.
Auch in Potsdam zahlen Bestandskunden bei den Stadtwerken deutlich weniger als Neukunden. Wer bis zum 28.02.2022 einen Vertrag abgeschlossen hat, zahlt bei einem Verbrauch von 7.000 kWh etwa 56 Euro im Monat. Alle die später abgeschlossen haben, müssen für die gleiche Menge etwa 97 Euro und somit 72 Prozent mehr berappen. Die Stadtwerke Potsdam weisen jedoch auf rbb|24-Anfrage darauf hin, dass alle auf der Webseite aufgeführten Preise regelmäßig aktualisiert werden. Die Zahlen oben zeigen also den Ist-Stand (11.03.2022).
Gas wird nie mehr so billig wie noch vor einem Jahr
Die genannten Beispiele zeigen, wie schwierig die Situation gerade auf dem Markt ist. Ines Rutschmann, Energieexpertin vom Verbraucherportal Finanztip [finanztip.de] zufolge unterscheiden mehr als die Hälfte der Grundversorger seit kurzem zwischen Bestands- und Neukunden. "Neukunden zahlen oft das Doppelte gegenüber den Bestandskunden." Rutschmann geht auch nicht davon aus, dass es noch einmal so günstige Preise wie Anfang 2021 geben wird. "Gas ist heute ein teurer Brennstoff und er wird es auch in den nächsten Jahren bleiben."
Sendung: Inforadio, 12.03.22, 8 Uhr