Interview | Landesbauernverband - "Bestellarbeiten auf den Feldern, Lüftung in den Ställen - das alles läuft mit Energie"

Di 15.03.22 | 13:59 Uhr
Ein Landwirt fährt mit dem Traktor und angehängter Maislegemaschine über das Feld (Bild: dpa/Soeren Stache)
Audio: Inforadio | 15.03.2022 | Interview von Angela Ulrich | Bild: dpa/Soeren Stache

Höhere Energiekosten, weniger Futtermittel, Lieferengpässe: Die Brandenburger Landwirte bekommen den Krieg in der Ukraine nach eigenen Angaben bereits zu spüren. Tankzuschüsse wären gut, würden da aber nur temporär helfen, sagt der Präsident des Landesbauernverbandes.

rbb: Herr Wendorff, machen sich für Brandenburger Landwirte jetzt schon Folgen wegen des Krieges in der Ukraine bemerkbar?

Henrik Wendorff: Ja, natürlich. Wir merken das. Die eine oder andere Situation, die unsere Produktion schwierig gemacht hat, war natürlich schon vor dem Krieg da. Aber jetzt, durch Engpässe bei Lieferungen und insbesondere bei den hohen Energiepreisen, merken wir die das umgehend. Die schlagen sich tagesaktuell durch und das gerade in einer Zeit, wo wir jetzt in der Frühjahrsbestellung stehen. Viele Traktoren sind auf den Feldern. Da merken wir das exorbitant.

Zur Person

Henrik Wendorf (M), Präsident Landesbauernverband Brandenburg (LBV), während eines Termins nahe der deutsch-polnischen Grenze (Bild: dpa/Patrick Pleul)
dpa/Patrick Pleul

Präsident des Landesbauernverbands Brandenburg - Henrik Wendorff

Henrik Wendorff ist seit 2016 Präsident des Brandenburger Landesbauernverbands. Der 56-Jährige ist Kreisbauernchef und Geschäftsführer eines Öko-Betriebs in Worin (Märkisch-Oderland).

Das Energieproblem ist also das größte?

Die Landwirtschaft und damit auch die Tierhaltung sind energieintensiv. Die Produktion, die wir derzeit durchführen, ist unmittelbar mit Energiekosten verbunden. Also die Bestellarbeiten auf den Feldern und auch Heizungen und Lüftungsanlagen in den Ställen. Das alles läuft mit Energie. Also verteuert sich unsere Produktion derzeit. Und das nach einer Phase, in der die Energiekosten sowieso schon hoch waren.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) möchte einen Tankzuschuss von 30 bis 40 Cent pro Liter durchsetzen. Würde Ihnen das Erleichterung bringen?

Das würde temporär Erleichterung bringen. Gerade jetzt, wenn mit den Kosten sehr spekuliert wird. Denn nicht jede Leistung, die derzeit am Markt sehr teuer ist, ist auch marktbedingt. Deshalb würde eine vorläufige Reduzierung der Energiekosten sich sofort durchschlagen. Das würde uns zumindest Stabilität bringen, damit das, was in sechs oder zwölf Monaten gebraucht wird, auch in die Erde gebracht werden kann.

Sie sprechen von kurzfristigen, temporären, Erleichterungen. Was würden Sie sich da mittel- oder langfristig vorstellen?

Nur die Energiekosten allein zu senken, wird nicht ausreichen. Man wird jetzt merken, wo die ein oder andere Lücke im Produktionsprozess entsteht – das ist insbesondere beim Tierfutter zu merken. Diese Lücken müssen geschlossen werden - das ist aber ein längerfristiger Prozess. Die Landwirtschaft ist nicht wirklich flexibel. Wir sind eher eine etwas trägere Branche, weil wir ja nur alle zwölf Monate bestellen und ein Mal im Jahr ernten. Deshalb muss es auch mittelfristig Maßnahmen geben, um entgegenzuwirken. Denn wir wissen alle nicht, wie lange der Krieg noch dauert.

Man versucht also erst einmal den Betriebsmitteleinsatz zu reduzieren. Das ist aber sehr kurz gesprungen, weil am Ende dann immer Ertrag fehlt.

Henrik Wendorff

Warum fehlt denn Futtermittel? Wie hängt das mit dem Krieg zusammen?

Es geht darum, dass sich Futtermittel durch den hohen Energiekosteneinsatz bei der Herstellung verteuern. Das verknappt den Markt. Die globalen Lagerbestände, die wir vor dem Ukraine-Krieg hatten, waren nicht sehr hoch. Da führt eine Verknappung zu einer Reaktion wie derzeit. Und es fehlen uns zahlreiche Koppelprodukte, die insbesondere bei der Ölherstellung anfallen. Wenn kein Öl hergestellt wird, fallen die – da geht es beispielsweise um gepresstes Raps- oder Sonnenblumenschrot – nicht an.

Apropos Öl. Man sieht es jetzt schon in den Supermarkt-Regalen: Die mit dem günstigen Sonnenblumenöl sind mancherorts leer. Horten das die Leute oder gibt es da tatsächlich Lieferengpässe?

Die Sonnenblume ist für Deutschland nicht gerade eine typische Pflanze. Wir haben zwar Anbauregionen, dazu gehört auch Brandenburg. Aber der größte Teil – über 90 Prozent - kommt aus der Ukraine. Dort sind jetzt die Logistik-Ketten unterbrochen. Auch wenn dort an der einen oder anderen Stätte noch Reserven liegen, sind doch die Transportwege unterbrochen. Das führt zu Engpässen. Und die Verbraucher werden wahrscheinlich auch die eine oder andere Flasche Sonnenblumenöl mehr gekauft haben, als eigentlich gebraucht wird.

Was können Landwirte jetzt tun, um sich zu schützen oder die Folgen abzufedern?

Wir schauen in den Betrieben zuerst, wo die größten Produktionskosten sind. Dort wird versucht, zu reduzieren. Aber das ist nicht ganz einfach. Man versucht also erst einmal den Betriebsmitteleinsatz zu reduzieren. Das ist aber sehr kurz gesprungen, weil am Ende dann immer Ertrag fehlt. Wenn also Dünger, der sich im Preis fast verfünffacht hat, sehr optimiert eingesetzt wird, wird das auch seine Spuren hinterlassen. Damit kommen wir bis zur nächsten Ernte. Und dann muss man schauen, welche neuen Maßnahmen macht. Dazu gehört unter anderem auch die Nutzung der ein oder anderen Fläche, die momentan vielleicht noch brach liegt und für die es dann am Markt vielleicht Absatzprodukte gibt wie beispielsweise Mais oder Weizen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Angela Ulrich, Inforadio

Sendung: Inforadio, 15.03.2022, 11:22 Uhr

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