Heimweh unter ukrainischen Geflüchteten - "Wenn wir gewonnen haben, bauen wir alles wieder auf"

Di 05.04.22 | 14:01 Uhr
Drehkreuz in Cottbus (Bild: dpa)
Video: Brandenburg Aktuell | 05.04.2022 | A. Lepsch/T. Krüger | Bild: dpa-Zentralbild

Seit 15 Jahren ist die gebürtige Ukrainerin Katharina Lebedynska in Deutschland. Mittlerweile fühlt sie sich in Cottbus wohl - doch anfangs war ihr Heimweh groß. Umso besser kann sie ihre Landsleute verstehen, die so schnell wie möglich zurück in ihre Heimat wollen.

"Wir träumen wirklich davon, Mama und Papa wieder zu umarmen. Wir träumen davon alle Freunde, die man noch hat, wiederzusehen", sagt Katharina Lebedynska. Die Ukrainerin ist vor 15 Jahren nach Brandenburg gekommen. Mit ihrem Mann lebt sie in Cottbus. Mit dem Krieg hat sich ihr Leben dramatisch verändert. Nachdenklich sitzt sie auf den Stufen am Cottbuser Amtsteich. Niemals hätte sie erwartet, dass es für sie so schwierig werden könnte, ihre Eltern zu besuchen.

Auch Katharina Lebedynska wollte mit ihrem Mann so schnell wie möglich wieder zurück in die Ukraine. Doch dann kam das erste Kind - mittlerweile fühlt sich die Familie in Deutschland wohl. Doch der Rest ihrer Familie lebt in Charkiw, Kiew und Donezk. Seit dem Ausbruch des Krieges versucht Lebedynska täglich zu erfahren, wie es ihren Verwandten geht. Mehr kann sie aus der Ferne nicht tun. Deshalb versucht sie in Deutschland zu helfen und hat unter anderem Wohnungen für 31 Kriegsflüchtlinge organisiert. Lebedynska ist ihre Ansprechpartnerin in Deutschland.

Katharina Lebedynska in Cottbus (Bild: rbb)
Katharina Lebedynska in Cottbus | Bild: rbb

Familie, Angst um Eigentum, Heimweh

Bei allen Geflüchteten, die Katharina Lebedynska betreut, hört sie das gleiche Heimweh, das sie auch selbst immer wieder spürt. Das liegt auch an engen familären Bindungen. "Es gibt nicht nur Mama, Papa, Bruder, Schwester und Oma. Es gibt Tanten zweiten Grades, dritten Grades. Wir pflegen das alles von Anfang an, seit wir klein sind", erzählt sie.

Diejenigen, die jetzt in Deutschland angekommen sind, haben meist ihr gesamtes Hab und Gut zurückgelassen - ein weiterer Grund zurück in die Heimat zu wollen. "Irgendwo, ganz tief, haben sie die Hoffnung, dass genau ihr Haus noch steht", so Lebedynska.

Gerade die erste Welle der Geflüchteten wolle wieder zurück, erzählt die Cottbuserin. Anders sehe es bei denen aus, die jetzt ankommen, schätzt Benjamin Andriske vom Ukraine-Netzwerk Cottbus die Lage ein. Mit der zweiten Flüchtlingswelle kämen einerseits diejenigen, die den Krieg unmittelbar miterlebt hätten und die gleichzeitig keine Verwandten oder Bekannten in Westeuropa hätten. Viele seien orientierungslos, im Gegensatz zu den ersten Flüchtlingen. "Ob die hier sesshaft werden und hier bleiben, ist sicherlich noch eine andere Frage", so Andriske.

Katharina Lebedysnka ist unterdessen überzeugt: Selbst die, die jetzt in Deutschland eine Wohnung finden, ihre Kinder in die Schule und die Kita schicken können und sogar Arbeit finden, dürften Deutschland früher oder später wieder verlassen. "Wir sagen nicht, 'wenn der Krieg vorbei ist'. Wir sagen alle, wenn wir gewonnen haben, haben wir wieder Ruhe, dann bauen wir alles wieder auf", so die Cottbuserin. Aus ihrer Sicht hat der Krieg die Ukrainer noch enger zusammengebracht. Auch, wenn die Menschen zur Zeit in der ganzen Welt verstreut sind.

Sendung: Brandenburg Aktuell, 05.04.2022, 19:30 Uhr

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