Studie zu Berliner Immobilienmarkt - "Ukraine-Krieg könnte Mieten und Preise schneller steigen lassen"

Mi 27.04.22 | 12:24 Uhr | Von Anja Dobrodinsky
Eine Baustelle in der Berliner Oranienburger Straße. Quelle: dpa | Jörg Carstensen
Audio: rbb24 Inforadio | 26.04.2022 | Anja Dobrodinsky | Bild: dpa | Jörg Carstensen

Geflüchtete Menschen aus der Ukraine, stark steigende Energiepreise - welche Auswirkungen hat der Krieg auf den Immobilienmarkt in Berlin? Dieser Frage geht eine aktuelle Immoscout24-Studie nach. Von Anja Dobrodinsky

Der Krieg in der Ukraine hat noch keine sichtbaren Folgen für den Wohnungsmarkt in Berlin und Deutschland. Langfristig könnte sich das aber ändern. Das ist das Ergebnis des "WohnBarometers", einer aktuellen Studie der Immobilienplattform Immoscout24 [immobilienscout24.de].

Geschäftsführer Thomas Schroeter ist sich sicher, dass der Krieg die schon bekannten Entwicklungen bei den Energie- und Baukosten und auch bei den Kreditzinsen verstärken und beschleunigen wird.

90 Euro Mehrkosten im Monat

Auch ohne den Krieg sind die Energiekosten für Mieter und Eigenheimbesitzer zwischen Februar 2021 und Februar 2022 um ein Viertel gestiegen. Und das Ende der Entwicklung ist noch längst nicht erreicht, warnt Immoscout-Pressesprecher Axel Schmidt. "Die Heizkosten werden sich bis zum Jahresende wohl noch einmal verdoppeln", schätzt er. Eine durchschnittliche 70-Quadratmeter-Wohnung könnte dann im Monat warm 90 Euro mehr kosten.

Rasantes Wachstum von vergleichsweise niedrigem Niveau

Die Immoscout-Studie hat sich nicht nur die Energiekosten, sondern auch die Angebotskaltmieten angesehen. Sie liegen in Berlin derzeit über dem Bundesschnitt bei 10,95 Euro pro Quadratmeter für Bestandswohnungen. Damit liegt die Hauptstadt im Vergleich zwar immer noch hinter den meisten anderen Metropolen, erläutert Kristian Kehlert, leitender Marktanalyst bei Immoscout24: "Das liegt natürlich auch an regulativen Einflüssen, wie dem Mietendeckel im letzten Jahr oder der Mietpreisbremse", sagt er.

Bei den Kaltmieten für Neubauwohnungen liegt Berlin mit 14,72 Euro allerdings schon an dritter Stelle hinter München und Frankfurt am Main. Und: Berlin verzeichnete im ersten Quartal 2022 den höchsten Mietenanstieg aller Großstädte. Die Angebotsmieten im Bestand stiegen um 3,4 Prozent, die im Neubau um 2,2 Prozent. Die Zahlen beziehen sich immer auf die Kaltmieten, die Vermieter für ihre Wohnungen auf immoscout24.de verlangen.

Große Preissprünge erwartet

Rechnet man Energiepreissteigerungen und Mietplus zusammen, kommt für Berliner Mieter laut "WohnBarometer" eine Mehrbelastung von bis zu elf Prozent zusammen im Vergleich zum Vorjahr. Und es geht weiter. Laut den Berechnungen vom Immoscout24 werden die Berliner Mieten im Bestand beziehungsweise im Neubau in den nächsten zwölf Monaten um sechs beziehungsweise acht Prozent steigen. Das sind die höchsten Sprünge im Vergleich der sieben größten Städte.

Hunderte Anfragen auf jedes Inserat

Ein wichtiger Grund für die steigenden Mieten ist die ebenfalls steigende Nachfrage. Auf immoscout24.de bekommen Berliner Vermieter mit Abstand die meisten Kontaktanfragen von Interessenten. Es sind pro Anzeige im Schnitt 177 pro Woche bei Bestandswohnungen und 44 bei Neubauwohnungen. Das ist mehr als doppelt oder dreimal so viel wie in anderen Städten. Hier spiegelt sich allerdings noch keine gestiegene Nachfrage ukrainischer Geflüchteter wider, so Immoscout24. Die Menschen wohnen derzeit vor allem im Gemeinschaftsunterkünften und bei Privatpersonen.

Auch Kaufen wird immer teurer

Wer angesichts der Mehrbelastungen bei den Warmmieten in Wohneigentum investieren möchte, hat es noch schwerer. Hier sind die Preise in Berlin im ersten Quartal je nach Objekt um drei bis fünf Prozent gestiegen. Für eine Eigentumswohnung aus zweiter Hand werden inzwischen knapp 5.000 Euro pro Quadratmeter verlangt, für ein neugebautes Haus sogar fast 6.300 Euro.

Für die nächsten zwölf Monate rechnen die Immoscout-Experten mit einem weiteren Anstieg von elf Prozent in Berlin. Das ist der zweithöchste Sprung im Vergleich der Großstädte. Hinzu kommen die höheren Zinsen für Immobilienkredite. Die sind im vergangenen Jahr schon um ein Drittel geklettert, rechnet Immoscout-Geschäftsführer Thomas Schroeter vor. Steigen sie auf drei Prozent, wie von vielen Experten erwartet, dann könnten sich die monatlichen Kreditraten für ein Haus oder eine Wohnung innerhalb eines Jahres verdoppeln.

Sendung: rbb24 Inforadio, 26.04.2022, 16:30 Uhr

Beitrag von Anja Dobrodinsky

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