Aussage hatte für Aufregung gesorgt - Innenministerium sieht Frankfurt doch nicht als "Hauptumschlagplatz" für Geflüchtete
Die Stadt Frankfurt wehrte sich, zum Schwerpunktort für Geflüchtete zu werden. Der Bahnhof sei ungeeignet, hieß es. Das Brandenburgische Innenministerium rudert nun zurück und spricht von einem Missverständnis.
Das Brandenburgische Innenministerium hat sich am Montag wieder von der Überlegung distanziert, dass Frankfurt (Oder) ein "Hauptumschlagplatz" für die weitere Verteilung der Flüchtenden aus der Ukraine in Deutschland werden könne. Zuvor hatte sich Innenminister Michael Stübgen (CDU) entsprechend gegenüber dem rbb geäußert.
Stübgen sei am Samstag missverstanden worden, sagte nun Innenstaatssekretär Markus Grünewald. "Frankfurt ist ein Nadelöhr, wo sich alle Probleme von Flüchtenden konzentrieren." Er kündigte daher eine bessere Versorgung der Flüchtenden dort an. Der Bahnhof und die Stadt sollten aber kein Umsteigezentrum werden.
Die Aussage des Innenministers hatte zuvor für Aufregung gesorgt. Die Oderstadt wolle sich gegen den Status des "Verteiler-Zentrums" wehren, sagte Oberbürgermeister René Wilke. Frankfurt könne für Brandenburg wichtige Koordinierungsaufgaben übernehmen. Für ganz Deutschland fehle es aber an Ressourcen, etwa bei den Gleisen und dem Platz um den Bahnhof herum für Zelte oder Busse, ergänzte Sozialdezernent Jens-Marcel Ulrich. "Die Logistik ist gar nicht vorhanden. Der Bahnhof ist voll. Wenn da noch drei oder fünf Reisebusse stehen, dann geht schon gar nichts mehr. Und wenn man sich dann vorstellt, dass so ein Zug mit 1.000 Leuten hier umverlagert werden soll, wären das 16 Busse."
"Erst kamen auf jeden Angekommenen gefühlt 50 Helfer, jetzt ist es andersherum"
In Brandenburg kommen die Flüchtlinge zunächst per Bahn in Frankfurt (Oder) an. Ein Großteil fährt mit dem Zug dann weiter nach Berlin. Das Land stellt sich nach Angaben des Innenministeriums vom Montag auf eine höhere Zahl von ukrainischen Kriegsflüchtlingen ein als bisher angenommen. Bisher war die Zahl von insgesamt 10.000 bis 11.000 Betroffenen geschätzt worden. In der Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende in Brandenburg wurden seit Beginn des Ukraine-Krieges 1.057 Menschen mit Ukraine-Bezug aufgenommen, davon 368 Menschen am Wochenende.
In Frankfurt (Oder) war bereits am Freitagabend der erste Sonderzug aus Polen mit rund 300 Menschen angekommen. Die Geflüchteten wurden auch über das Wochenende von vielen Helfern empfangen, darunter waren junge Krankenschwestern und Dolmetscher, wie Reporter von vor Ort berichteten. Auf dem Bahnsteig wurden Lebensmittel und Kinderspielzeug verteilt. Auch Oberbürgermeister René Wilke und die Kinderbeauftragte der Stadt, Jacqueline Eckardt, waren bei der Ankunft zugegen und halfen. Etliche Ukrainer, die in Brandenburg wohnen, holten ihre Verwandten ab. Vor dem Bahnhof waren Zelte zur medizinischen Versorgung aufgestellt.
"Am Anfang kamen auf jeden angekommenen Menschen gefühlt 50 Helfer, jetzt ist es andersherum", sagte Wilke der Deutschen Presseagentur. Jetzt kämen zwischen 700 und 2.000 Menschen pro Zug an, teilweise in einem schlechten Zustand. Die vielen ehrenamtlichen Helfer könnten die Hilfe auf Dauer nicht leisten. "Wir brauchen hier professionelle Strukturen." Das Land habe deshalb Unterstützung zugesagt, sagte Wilke nach einer Schalte mit dem Innenministerium.
Deutsche Rote Kreuz soll ehrenamtliche Hilfe professionalisieren
Bis zum Montag schienen sich die Abläufe grundsätzlich eingependelt zu haben. Ein Chaos am Bahnhof blieb aus, so rbb-Reporter. Zum Wochenbeginn sollen neun Züge aus Warschau ankommen - Pro Zug sollen etwa 1.000 Menschen Deutschland erreichen. Die Allermeisten, vor allem Frauen und Kinder, fahren nach Berlin weiter, ohne in Frankfurt auszusteigen. Für die, die nicht weiterfahren, sind am Bahnhof dann der Katastrophenschutz mit zwei warmen Zelten, das Rote Kreuz und freiwillige Helfer vor Ort.
Die meiste Unterstützung wurde bisher von Ehrenamtlichen geleistet. Dies könne jedoch kein Dauerzustand sein, sagte der Frankfurter Sozialdezernent Jens-Marcel Ulrich dem rbb. Die Landespolitik hätte deshalb Hilfszusagen gegeben. "Das Land hat gesagt: Wir unterstützen euch und übernehmen diverse Kosten, zum Beispiel wenn Ehrenamtliche nicht zur Arbeit gehen können, weil sie hier im Einsatz sind." Darüber hinaus erwarte Ulrich aber auch logistische Unterstützung etwa mit Versorgungsgütern.
Außerdem soll die ehrenamtliche Hilfe jetzt professionalisiert werden. Es gebe Pläne für eine Übernahme durch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) - das bestätigte auch Innenstaatssekretär Markus Grünewald. Ihm zufolge werde das DRK am Mittwoch auf dem Bahnhofsplatz ein Sanitätszelt errichten, in dem Geflüchtete, die den Zug verlassen, versorgt werden könnten.
Sendung: Antenne Brandenburg, 07.03.2022, 19 Uhr