Unbegleitete Kriegsflüchtlinge - Wie ein 16-Jähriger aus Kiew flüchtete und in Bad Freienwalde Zuflucht fand
Ohne Mutter und ohne Vater auf der Flucht: Ein 16-Jähriger Ukrainer hat sich allein von Kiew durchgeschlagen. Nach fast einer Woche landete er in Bad Freienwalde. Mittlerweile nimmt er online am Unterricht in Kiew teil.
Täglich kommen tausende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Ostbrandenburg an. Mütter mit Kindern, ältere Menschen und auch unbegleitete Kinder sind unter ihnen. Einer von ihnen ist Andrij Jakowlew. Der 16-Jährige stammt aus der Hauptstadt Kiew, die seit Tagen unter Beschuss steht. Auch er musste seine Heimat ohne seine Eltern verlassen.
Mutter Ärztin, Vater im wehrfähigen Alter
Andrijs Mutter ist Ärztin, sein Vater ist im wehrfähigen Alter. Beide dürfen wegen des anhaltenden Krieges zwischen Russland und der Ukraine das Land nicht verlassen. Sie werden vor Ort benötigt. Andrij telefoniert täglich mit ihnen.
"Mein Vater sagt, es geht ihm gut", sagt Andrij auf Englisch noch während er mit ihm telefoniert. Er mache sich Sorge, aber sei auch froh, dass sein Sohn in Sicherheit ist, übersetzt er.
Andrij ist schließlich in Bad Freienwalde (Landkreis Märkisch-Oderland) untergekommen. Die Krankenhaus Märkisch-Oderland GmbH hatte ihm ein Zimmer zur Verfügung gestellt. Über Bekannte seiner Eltern wurde der Kontakt vermittelt. Mit ihm konnte die Gesellschaft 27 weitere Kriegsflüchtlinge unterbringen.
Angehörige in Villa Regina untergebracht
"Wir haben Mitarbeiter aus der Ukraine. Als der Krieg ausgebrochen ist, ist natürlich das Leid bei unseren Mitarbeitern sofort deutlich gewesen, die sich um ihre Angehörigen gesorgt haben", sagt Geschäftsführerin Angelika Krug. Viele von ihnen wollten die Ukraine verlassen und viele wollten zu ihren Verwandten nach Deutschland, wie sie berichtet. "Dann haben wir natürlich gesagt: Ok, die Angehörigen können wir bei uns hier in der Villa erst einmal unterbringen." Sie meint die Villa Regina, ein Appartementhaus der GmbH im Kurpark von Bad Freienwalde.
Dort hat Andrij zunächst einmal ein festes Dach über den Kopf und wird versorgt. Die Flucht sei anstrengend gewesen, berichtet er. Insgesamt fünf Tage habe sie allein von Kiew an die polnische Grenze gedauert. "Es ist gefährlich zu flüchten. Deswegen sind viele meiner Freunde noch in Kiew und hoffen, dass es irgendwie gut geht", sagt er.
Online-Unterricht aus der Heimat
Seine Mitschüler hört er zumindest regelmäßig beim Online-Unterricht. Auf Wunsch des Kiewer Kultusministeriums sollen die ukrainischen Kinder weiterhin nach ukrainischem Lehrplan unterrichtet werden. Ob seine Freunde oder seine Klassenlehrerin noch in Kiew sind, wisse Andrij hingegen nicht. Doch zumindest leben sie. "Ich bin froh, dass es ihr gut geht und auch den Mitschülern", sagt Andrij.
Ganz allein ist Andrij jedoch nicht in Bad Freienwalde. Seine 83-jährige Großmutter war schon vor ihm geflohen und teilt sich jetzt ein Zimmer in der Villa Regina mit ihm. Sie wollen einen Monat dort bleiben und sich anschließend eine eigene Wohnung suchen.
Sendung: Antenne Brandenburg, Antenne am Nachmittag, 18.03.2022, 15:10 Uhr
Mit Material von Helge Oelert