Rosneft Deutschland unter Treuhandverwaltung - Bund übernimmt Kontrolle über PCK-Raffinerie in Schwedt
Lange haben die Menschen vor allem in der Uckermark um die PCK-Raffinerie in Schwedt gebangt. Nun greift der Bund ein. Die Bundesnetzagentur übernimmt die Kontrolle über Teile der PCK. So soll der Betrieb gesichert werden.
Zur Sicherung des Betriebs der Raffinerien in Schwedt (Uckermark), Karlsruhe und Vohburg stellt die Bundesregierung die Rohölimporteure Rosneft Deutschland (RDG) und die RN Refining Marketing GmbH unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur. Das teilte das Bundeswirtschaftsministerium am Freitagmorgen in Berlin mit.
Damit übernehme die Bundesnetzagentur die Kontrolle über Rosneft Deutschland und damit auch über den jeweiligen Anteil in den drei Raffinerien PCK Schwedt, MiRo (Karlsruhe) und Bayernoil (Vohburg), teilte das Ministerium mit. Die Treuhandverwaltung wird an diesem Freitag wirksam und ist zunächst auf sechs Monate befristet. Die Kosten dafür haben die betroffenen Unternehmen zu tragen.
Die Bundesnetzagentur kann damit Mitglieder der Geschäftsführung abberufen und neu bestellen sowie der Geschäftsführung Weisungen erteilen. Hintergrund ist das Öl-Embargo gegen Russland wegen des Ukraine-Kriegs, das am 1. Januar 2023 greift.
Der Jurist Christoph Morgen wird den Angaben zufolge als Treuhänder die Geschäfte der Rosneft-Töchter in Deutschland führen. Der 46-Jährige sei ein ausgewiesener Krisenmanager mit umfassender Erfahrung in verschiedensten Branchen, auch im Energiesektor, teilte die Bundesnetzagentur mit.
Morgen werde sich nun einen Überblick über die Lage der beiden Unternehmen verschaffen, teilte sein Sprecher mit. "Die erste Aufgabe besteht darin, zusätzlich einen Experten mit umfangreicher Erfahrung im Raffineriegeschäft in die Geschäftsführung zu holen", hieß es weiter.
Reaktion auf die drohende Gefährdung der Energieversorgungssicherheit
Die Treuhandverwaltung sei eine Reaktion auf die drohende Gefährdung der Energieversorgungssicherheit und ein wesentlicher Grundstein für den Erhalt des Standorts Schwedt, teilte das Bundeswirtschaftsministerium weiter mit.
Für Schwedt solle es zudem ein "umfassendes Zukunftspaket" geben, das einen "Transformationsschub" für die Region bringen und die Raffinerie unterstützen solle, damit die Versorgung mit Öl auf alternativen Lieferwegen sichergestellt werde. Bislang ist die PCK-Raffinerie von der Belieferung mit russischem Erdöl über die "Druschba-Pipeline" abhängig.
Zukunftspaket soll am Freitagmittag vorgestellt werden
Das sogenannte Zukunftspaket soll am Freitagmittag im Bundeskanzleramt von Kanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und dem Ministerpräsidenten des Landes Brandenburg, Dietmar Woidke (SPD), vorgestellt werden.
PCK hat rund 1.200 Mitarbeiter und gilt als wirtschaftliche Säule der Region um Schwedt. Vor Ort werden aus Rohöl Benzin, Diesel, Heizöl, Kerosin und andere Produkte produziert. Die Raffinerie versorgt große Teile des deutschen Nordostens mit Treibstoff. "Ein Ausfall des Betriebs der PCK-Raffinerie hätte zur Folge, dass die bundesweite Versorgung mit Erdölprodukten - und demnach mit lebenswichtigen Gütern - beeinträchtigt und insbesondere im Nordosten Deutschlands gefährdet wäre", schreibt das Wirtschaftsministerium im Bundesanzeiger.
Neben Versorgungsengpässen drohen "Preisspitzen bei Kraftstoffen
Die Beschaffung von Öl aus anderen Quellen wäre sehr teuer, der Transport von Erdölprodukten aus anderen Raffinerien schwierig. Neben Versorgungsengpässen drohten "Preisspitzen bei Kraftstoffen für gewerbliche und private Verbraucher sowie eine Unterversorgung mit Bitumen insbesondere für den Straßenbau". Auch die Belieferung des Berliner Flughafens mit Flugbenzin sowie die Versorgung der Stadt Schwedt mit Fernwärme seien dann gefährdet.
Die PCK-Raffinerie soll von russischem Öllieferungen gelöst werden, da diese jederzeit ausfallen könnten, so das Ministerium. Zur Umstellung auf andere Lieferanten sollen die Hafeninfrastruktur in Rostock und die Pipeline von Rostock nach Schwedt ausgebaut werden. Darüber hinaus seien Öllieferungen über eine Pipeline vom Hafen des polnischen Danzig nötig, insbesondere bis die Pipeline aus Rostock ausgebaut ist. Dies wolle die polnische Regierung aber erst ermöglichen, wenn die russischen Gesellschafter nicht mehr im Boot sind.
Zusammenarbeit mit Rosneft war nicht mehr möglich
Der russische Staatskonzern Rosneft, der über die beiden nun unter Treuhandverwaltung gestellten Töchter rund 54 Prozent am PCK hielt - hatte nach früheren Angaben des Wirtschaftsministeriums wenig Interesse an einer Abkehr von russischem Öl.
Rosneft Deutschland vereint demnach insgesamt rund zwölf Prozent der deutschen Erdölverarbeitungskapazität auf sich und ist damit eines der größten erdölverarbeitenden Unternehmen in Deutschland.
Die deutschen Töchter des staatlichen russischen Ölkonzerns Rosneft, RDG und RNRM, führen laut Ministerium jeden Monat Rohöl im Wert von mehreren hundert Millionen Euro aus Russland nach Deutschland ein.
Rechtliche Grundlage ist eine Regelung im Energiesicherungsgesetz
Grund für die Anordnung der Treuhandverwaltung sei, dass die Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs der betroffenen Raffinerien aufgrund der Eigentümerstellung der Unternehmen in Gefahr gewesen sei. Zentrale Dienstleister wie Zulieferer, Versicherungen, Banken, IT-Unternehmen und Banken, aber auch Abnehmer, seien nicht mehr zu einer Zusammenarbeit mit Rosneft bereit gewesen - weder mit Raffinerien mit Rosneft Beteiligung noch mit den deutschen Rosneft-Töchtern, RDG und RNRM, selbst.
Rechtliche Grundlage der Treuhandverwaltung ist eine Regelung im Energiesicherungsgesetz. Demnach ist dieser Schritt möglich, wenn das Unternehmen andernfalls seine dem Gemeinwesen dienenden Aufgaben nicht erfüllen kann und eine Beeinträchtigung der Versorgungssicherheit droht. Gegen die Entscheidung kann binnen eines Monats Klage erhoben werden.
Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 16.09.2022, 19:30 Uhr