Testlauf aus Polen - PCK-Raffinerie Schwedt erhält erste Öllieferung aus Danzig
In gut anderthalb Monaten tritt das Öl-Embargo gegen Russland in Kraft. Die PCK-Raffinerie in Schwedt ist jetzt schon auf dem Weg zu Alternativen. Erstmals kam am Mittwoch über Danzig Rohöl. Doch es wird wohl nur bei einem Testlauf bleiben.
Die PCK-Raffinerie in Schwedt (Uckermark) hat erstmals Rohöl über den Hafen im polnischen Danzig erhalten. Das hat das Bundeswirtschaftsministerium am Mittwoch dem rbb mitgeteilt.
Das Schiff mit dem norwegischen Rohöl wurde demnach im Hafen Danzig entladen. Das Öl gelangte dann über die polnische Stichleitung "Pomeranian" zu der in Polen liegenden Druschba-Pipeline und weiter nach Deutschland, hieß es. Über die Menge machte das Bundeswirtschaftsministerium keine Angaben. Das unterliege dem Betriebsgeheimnis, hieß es.
Probleme mit der Verarbeitung des aus Norwegen stammenden Rohöls gebe es allem Anschein nach nicht, da noch russisches Rohöl in Schwedt ankomme und das mit dem norwegischen vermischt werde. Die Schwedter Anlage ist noch auf die russische Beschaffenheit ausgerichtet. Später müsse aber technisch in Schwedt noch einmal nachjustiert werden, wenn es kein russisches Rohöl mehr gebe, hieß es.
Kellner: "Wichtiger Schritt für die Versorgungssicherheit"
Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) sagte rbb24 Brandenburg aktuell am Mittwoch, es handele sich bei der Rohöllieferung über Danzig um eine "Versuchsreihe". Es müsse nun geprüft werden, ob das Rohöl in der Anlage weiterverarbeitet werden kann. Beim Thema Versorgungssicherheit sei man noch nicht.
Dagegen sprach der Parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Michael Kellner (Bündnis 90/Die Grünen), von einem "wichtigen Schritt für die Versorgungssicherheit von Schwedt." Lieferungen über Danzig seien möglich, allerdings müssten die Mengen noch erhöht werden. Dazu stehe die Bundesregierung im engen Austausch mit der polnischen Regierung.
PCK in Schwedt ist damit die zweite Raffinerie in Deutschland, die sich über den Hafen in Danzig beliefern lässt. Die Raffinerie in Leuna bezieht bereits mehr als die Hälfte ihres Rohöls über Danzig. Aktuell wird für Schwedt nach weiteren Alternativlösungen gesucht, da ab dem kommenden Jahr dort kein russisches Öl mehr verarbeitet werden soll.
Lieferung war nur Testlauf
Nach rbb-Informationen ist diese Lieferung von Danzig nach Schwedt als Testlauf gedacht, der die Funktionalität prüfen soll. Denn neben der technischen gibt es noch eine politische Dimension: Polen hat bislang die Belieferung über Danzig verweigert, weil mit Rosneft noch ein russischer Gesellschafter im PCK sitzt. Dabei spielte es für das Nachbarland offenbar keine Rolle, dass inzwischen eine treuhänderische Verwaltung vom Bund eingesetzt wurde und der russische Staatskonzern praktisch nichts mehr zu sagen hat. Inzwischen scheint es in der polnischen Regierung Kräfte zu geben, die etwas pragmatischer auf die Situation schauen.
Allerdings geht die Brandenburger Landesregierung nicht davon aus, dass die aus Danzig kommenden Rohöllieferungen zur Raffinerie in Schwedt von Dauer sein werden. "Ich weiß nicht, ob das eine dauerhafte Geschichte ist", sagte Wirtschaftsstaatssekretär Hendrik Fischer im zuständigen Landtagsausschuss am Mittwochnachmittag. "Es ist schon länger in der Diskussion gewesen, dass man diese zweite Linie testen will. Aber jeder weiß natürlich auch, dass das die gleiche Leitung ist, über die auch Leuna versorgt wird." Fischer wies darauf hin, dass sein Ministerium mehrfach betont habe, "dass wir uns nicht ganz sicher sind, ob da am Ende noch genügend - ich sage mal in Anführungsstrichen - Platz in der Leitung ist."
Linke verwirft Plan mit Danzig
Der Landtagsabgeordnete Sebastian Walter (Linke) verwarf entsprechende Ideen während der Ausschusssitzung gleich komplett: "Das Problem mit der Danzig-Linie oder mit der Danzig-Pipeline ist ja, dass Leuna darüber versorgt wird, und die Kapazitäten nicht da sind - die Kapazitäten auch nicht im Hafen da sind."
Ähnlich verhalte es sich mit dem Rostocker Hafen. "Da kommen weitere Probleme auf uns zu: Die planen jetzt die Vertiefung und den Ausbau des Hafens. Und für diese Zeit gibt es im Moment noch keine Lösung, wo die eigentlich anlegen sollen." Walter meinte damit die Öllieferungen aus Übersee - etwa Norwegen - die an den Häfen eingespeist werden. Diese neuen Versorgungswege sollen die bisherigen Lieferungen aus Russland zumindest zum Teil ersetzen. Zum Jahreswechsel 2023 hat die Bundesregierung einen Öl-Importstopp aus Russland beschlossen. Hintergrund ist der Überfall Russlands auf die Ukraine.
Rostock soll Schwedt ab Januar zu 50 Prozent beliefern
Die Raffinerie in Schwedt versorgt große Teile des Nordostens Deutschlands mit Treibstoff. Es geht seit Monaten um die Frage, wie eine zu geringe Auslastung von Januar an verhindert werden kann. Ab Anfang 2023 will Deutschland auf russisches Öl verzichten. Vor allem für die PCK-Raffinerie mit rund 1.200 Beschäftigten ist das ein Problem, da die Anlage bislang vor allem über die Druschba-Pipeline mit russischem Öl beliefert wird. Neben Lieferungen von Tankeröl aus dem Hafen Rostock waren seit einiger Zeit schon weitere Mengen via Polen im Gespräch. Auch sei der Bau einer zweiten Pipeline in den Rostocker Ölhafen im Gespräch.
Sendung: Antenne Brandenburg, 9. November 2022, 12.05 Uhr