Ukrainische Flüchtlinge kommen in Cottbus an - "Ich bin hier, weil ich für Frieden bin"
Am Cottbuser Hauptbahnhof nimmt Nathalie Schuder ukrainische Flüchtlinge in Empfang. Die meisten von ihnen fahren weiter in andere Regionen. Die 49-jährige Helferin ist Schaustellerin und selbst vor zwanzig Jahren aus der Ukraine nach Deutschland gekommen.
"So, was haben wir hier? Kleine Kinder, große Kinder", sagt Nathalie Schuder, die Situation am Gleis 10 überblickend. Zweihundertdreißig Menschen sind es, die an diesem Tag mit einem Sonderzug direkt aus dem ukrainischen Przemyśl in Cottbus ankommen, rund 900 Kilometer Zugfahrt haben sie hinter sich.
In ihrer Muttersprache heißt Nathalie die Flüchtlinge willkommen. "Wir fragen sie, ob sie eine gute Reise gehabt haben bis hierher und begleiten sie weiter", sagt die Helferin. "Alle müssen sich bei der Bundespolizei melden, die die Identitäten kontrolliert. Und dann sind sie herzlich eingeladen, sich auszuruhen."
In einem Zelt, das am Nordausgang des Bahnhofs errichtet wurde, können sich die Angekommenen stärken, bekommen zu essen und zu trinken. Für die meisten Ukrainer geht die Reise dann weiter. Nach Berlin oder Leipzig, wo sie Freunde oder Verwandte haben.
"Die Menschen sind sehr gefasst"
Seitdem der erste Zug mit Geflüchteten in Cottbus angekommen ist, hilft Nathalie Schuder als Ehrenamtliche am Bahnhof mit. Ihr Eindruck von ihren Landsleuten, die in Cottbus ankommen: "Die Menschen kommen sehr gefasst, teilwese sehr gut organisiert an." Sobald die Menschen dann das Gleis verlassen und sich zum Ausruhen im Zelt niederlassen, merke man ihnen an, was sie durchlebt haben, sagt Schuder: "Es sind unvorstellbare Geschichten manchmal. Manche nehmen ihre Haustiere mit, die Kinder tragen die mit sich." Die Menschen, die hier ankommen, suchen alle Schutz vor dem Krieg, betont die Helferin, die vor zwanzig Jahren der Liebe wegen nach Deutschland gekommen ist. "Das ist unsere Pflicht, zu helfen. Ich bin hier, weil ich für Frieden bin."
Auf und Ab der Gefühle
So wie Nathalie Schuder zwischen ukrainisch und deutsch hin und her wechselt, so wechseln auch ihre Gefühle immer wider die Richtung. Freundlich und selbstsicher begrüßt und navigiert sie die Ankommenden. Am Abend aber, wenn sie zu Hause zur Ruhe kommt, falle das Erlebte von ihr ab, sagt sie. Dann sei sie manchmal fassungslos darüber, wie gut es ihr geht. Neulich Abend hat sie sich Essen bestellt. "Und dann habe ich fünf Minuten vor dem Essen gesessen und mich gefragt ob das gerechtfertigt ist, dass es mir so gut geht und andere Leute haben nichts." Ihr kommen die Tränen. "Das lässt einen einfach nicht los", sagt sie. Nachrichten könne sie nicht mehr gucken. "Es geht nicht, dass ich früh aufstehe und anfange zu weinen." Ihre Kräfte will sie sich aufheben und den Menschen auf der Flucht solange helfen, wie es nötig ist.
Mit Informationen von Phillipp Manske
Sendung: Antenne Brandenburg, 09.03.2022, 16.10 Uhr