Fazit "Turnier der Meister" in Cottbus - Im Schatten des Krieges
Während der Krieg in ihrem Heimatland tobt, zeigen zwei junge ukrainische Sportler beim Turnen-Weltcup in Cottbus außergewöhnliche Leistungen. Wann sie wieder nach Hause kommen, ist ungewiss. Von Andreas Friebel
Groß war die Vorfreude auf den ersten internationalen Sportwettkampf in Cottbus seit Beginn der Corona-Pandemie. Trotz hoher Inzidenzen entschieden sich die Macher des "Turnier der Meister" für die Durchführung des Turn-Weltcups. Nichtsahnend, dass Corona nur eine Nebenrolle spielen würde. Als Turnier-Direktor Mirko Wohlfahrt kurz vor Beginn des Weltcups in Cottbus von einem "mulmigen Gefühl" sprach, in diesen Tagen so einen großen internationalen Wettkampf durchzuführen, da dachte er an die hohen Corona-Zahlen.
Am Sonntagabend, kurz nach dem Abschluss der Wettkämpfe, vermeldete er zwar vier Verdachtsfälle, wirklich Sorgen machte ihm aber der Blick in die Ukraine. Fünf Sportler waren zu Wochenbeginn in die Lausitz gereist. Wenig später marschierten russische Truppen in der Ukraine ein. "Es sind in den letzten Tagen viele Tränen geflossen. Wir haben das Team aus der Ukraine unterstützt, wo wir konnten. Und wir bleiben auch weiter in Kontakt", so Wohlfahrt.
15-Jährige Ukrainerin gewinnt am Schwebebalken
Am Montag fliegt das Team nach Doha, wo bereits am kommenden Wochenende der nächste Weltcup ansteht. Dann geht es weiter nach Kairo. Dort gibt es Mitte März einen weiteren Weltcup. Wie es dann weitergeht ist aber völlig ungewiss. Turnierdirektor Mirko Wohlfahrt bot aber an, dass Cottbus helfen würde, sollte bis dahin die Lage in der Ukraine weiter so angespannt sein. Der Olympiastützpunkt und die Turner des SC Cottbus haben seit vielen Jahren einen guten Draht in die Ukraine.
Vor dem Hintergrund des Krieges in ihrer Heimat ist es umso erstaunlicher, welche Leistungen die Turner in Cottbus zeigten. Am zweiten Finaltag am Sonntag konnten sich Illia Kovtun am Barren sowie Daniela Batrona am Schwebebalken in die Siegerlisten dieses Traditionsturnieres eintragen. Kovtun ist 18, Batrona sogar erst 15 Jahre alt. Für das Siegerfoto stand die junge Ukrainerin gemeinsam mit der Belarussin Anastasiya Smantsar auf dem Podest, die Dritte am Schwebebalken geworden war. Was Batrona mit Blick auf die Rolle von Belarus in diesem Konflikt dachte, ist unklar. Die Sportler aus der Ukraine gaben während ihrer Zeit in Cottbus keine Interviews. Dafür machte aber Turnierdirektor Mirko Wohlfahrt seinen Standpunkt klar: "Es kann nicht sein, dass junge Sportler dafür einstehen müssen, wenn die Politik versagt."
Russen nicht dabei - Belarus ohne Flagge
Neben den Sportlern aus der Ukraine standen aber auch die Athleten aus Belarus im Mittelpunkt. Nach einer Entscheidung des IOC, die der Turnweltverband mittrug, wurden mit Beginn der Finals ab Samstag sämtliche Flaggen von Belarus entfernt. Und auch die Hymne durfte in Cottbus nicht mehr gespielt werden. Dieser Bann hätte auch russische Starter getroffen, die waren aber in der Lausitz-Arena nicht dabei.
Und das auch sonst so stimmungsgewaltige Cottbuser Publikum fehlte beim "Turnier der Meister". Nur wenige Ehrengäste konnten coronabedingt bei den Wettkämpfen dabei sein. "Wir sind trotzdem froh, dass wir wieder Gastgeber sein durften – diesmal mit einem kleinen, aber feinen Turnier", resümierte Turnierdirektor Mirko Wohlfahrt. Der Etat von 550.000 Euro konnte mit Hilfe des Landes Brandenburg und der Stadt Cottbus, sowie zahlreichen Sponsoren abgesichert werden.
Deutsche Turner zahlen Lehrgeld
Die stark verjüngte deutsche Riege konnte in der Lausitz keine Medaillen sammeln. Für die besten Ergebnisse sorgte die erst 17-Jährige Aiyu Zhu, die es in drei Finals schaffte und am Schwebebalken Rang vier belegte. "Ich bin total stolz auf mich, weil ich damit nicht gerechnet hatte. Jetzt weiß ich, dass ich mit den anderen mithalten kann", sagte die Kölnerin, die erst zum zweiten Mal bei einem Weltcup startete.
Vielleicht ist sie auch nächstes Jahr wieder dabei, wenn es in Cottbus die 46. Auflage des "Turnier der Meister" gibt. Vom 23. bis 26. Februar 2023 ist die Lausitz im Wettkampfkalender fest eingeplant. "Ich würde mich freuen, wenn es uns dann gelingt, die Bude wieder richtig voll zu machen. Und wir die Stimmung erleben können, die dieses Turnier immer ausgemacht hat", so Wohlfahrt.
Sendung: Inforadio, 27.02.2022, 19:24 Uhr