PCK-Raffinerie - Schwedt reagiert verunsichert auf Habecks grundsätzliches "Ja" zum Öl-Embargo

Di 03.05.22 | 14:12 Uhr
Schon von weitem ist das riesige Industriegelände der PCK-Raffinerie GmbH zu sehen. In der Erdölraffinerie PCK in Schwedt kommt Rohöl aus Russland über die Pipeline «Freundschaft» an. Der russische Energiekonzern Rosneft hatte im vergangenen Jahr einen Großteil der Erdölraffinerie PCK in Schwedt übernommen. Rosneft ist der größte russische Ölproduzent. Die Raffinerie in der Uckermark verarbeitet nach eigenen Angaben jährlich 12 Millionen Tonnen Rohöl und gehört damit zu den größten Verarbeitungsstandorten in Deutschland. (Foto: Patrick Pleul/dpa)
Audio: rbb24 inforadio | 03.05.2022 | Annekathrin Hoppe und Andreas Oppermann | Bild: Patrick Pleul/dpa

Das grundsätzliche "Ja" Deutschlands zu einem Öl-Embargo gegen Russland versetzt Schwedt in helle Aufregung - denn die wirtschaftlichen Geschicke der Stadt hängen fast ausschließlich von der PCK-Raffinerie ab, die mit russischem Öl betrieben wird.

Die Stadt Schwedt (Oder) fordert vom Bund eine bessere Kommunikation in Bezug auf die Zukunft der PCK-Raffinerie bei einem möglichen Öl-Embargo gegen Russland. Schwedts Bürgermeisterin Annekathrin Hoppe (SPD) sagte am Dienstag dem rbb, die Menschen, die in der Raffinerie arbeiteten oder ihren Arbeitsplatz durch diese hätten, würden sich wünschen, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in die Stadt kommt und ihnen Sicherheit gibt.

Er müsse den Menschen die Strategie erklären, welche Schritte und welches alternative Öl geplant seien, so Hoppe. Außerdem wollten die Menschen von ihm wissen, wie sicher ihre Arbeitsplätze sind.

Hoppe: Klares Bekenntnis des Bundes zu Schwedt fehlt

Die PCK-Raffinerie ist mehrheitlich im Besitz des russischen Staatskonzerns Rosneft und verarbeitet russisches Erdöl. Derzeit gibt es Überlegungen seitens der Bundesregierung, Unternehmen im Energiesektor im Notfall unter staatliche Treuhandverwaltung zu stellen oder sogar zu enteignen.

Zusätzlich hatte Habeck ein Embargo in der vergangenen Woche als für Deutschland handhabbar bezeichnet, die deutsche Position änderte sich von Skepsis zu Unterstützung eines Embargos. Deutschland bezieht laut Habeck nur noch zwölf Prozent seines Verbrauchs aus Russland. Ein Großteil der verbliebenen Einfuhren entfällt auf die Raffinerie Schwedt, die vom russischen Rosneft-Konzern kontrolliert und über eine Pipeline versorgt wird. Da Rosneft kein Interesse an der Verarbeitung von Öl aus anderen Ländern hätte, suche man noch nach einer Lösung, hatte Habeck gesagt.

Im Gegensatz zur Bundesregierung habe sich die Brandenburger Landesregierung eindeutig zum Wirtschaftsstandort bekannt, sagte Hoppe. Sowohl Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) als auch Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) hätten sich schnell hinter die Stadt gestellt. Habecks grundsätzliches "Ja" zu einem Ölembargo und die Aussage der grünen Außenministerin Annalena Baerbock, dass man jetzt darauf "vorbereitet" sei, auch mehrere Jahre ohne russisches Öl auszukommen, haben Hoppe und ganz Schwedt aufschrecken lassen.

Bund verunsichert Menschen in Schwedt

"Also für mich ist das schon eine Herausforderung, in so kurzer Zeit vor so großen Problemen zu stehen. Ich weiß immer nie, wenn ich morgens im Büro komme, wie der Tag verläuft und welche Herausforderungen der Tag so bringt", erklärte die Bürgermeisterin. Man müsse verstehen, dass die Situation für die Schwedter schwierig sei, "wenn man während einer Auslandsreise von Teilen der Bundesregierung dann doch erfährt, dass es nur noch Tage oder Wochen dauern wird, bis wir unabhängig von russischen Ölimporten sind", unterstrich Hoppe. "Das macht uns sehr, sehr unsicher hier."

Als Reaktion hatte Hoppe einen offenen Brief der Schwedter Stadtverordneten an den Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Michael Kellner übergeben. In dem Papier bitten sämtliche Stadtverordnete um ein Gespräch mit dem Vizekanzler zur Zukunft der Region angesichts eines möglichen Öl-Embargos. Man wünsche sich da keine "politischen Diktate" aus der Ferne, sondern Handeln mit Bedacht und Weitsicht.

Hoffnung stirbt zuletzt

Natürlich sieht Hoppe auch Bemühungen des Bundes, eine alternative Ölversorgung für Schwedt zu finden. So war Habeck in Katar, hat Kontakt in Richtung Norwegen aufgenommen. "Wir sind auch hoffnungsvoll, dass man ausreichend alternatives Rohöl in einer entsprechenden Qualität findet, die hier in Schwedt verarbeitet werden können", fügte die Kommunalpolitikerin an.

Selbstverständlich versuche Schwedt als Wirtschaftsstandort künftig zusätzlich zu Traditionellem auch die Ansiedlung von nachhaltigen Industrien zu forcieren, sagte Hoppe. Der Transformations-Prozess brauche aber seine Zeit. Man hoffe auf Unternehmen, die sich mit der Produktion von alternativen Kraftstoffen, wie zum Beispiel Wasserstoff, als Antriebsmittel beschäftigen. Für die Ansiedlung habe man noch entsprechende Reserve-Flächen, so die Bürgermeisterin.

Sendung: rbb inforadio, 03.05.2022, 10:45 Uhr

Mit Material von Andreas Oppermann

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