Private Unterkünfte - Senat empfiehlt Vermittlung von Helfern und Geflüchteten über Online-Portal
Nach der Flucht aus der Ukraine wollen die meisten einfach erstmal schlafen. Viele Berliner wollen den Geflüchteten eine private Unterkunft bieten - Berlin verweist auf ein Online-Portal. Doch nach der ersten Nacht in Sicherheit kommen auf die Anbieter viele Fragen zu.
Die Berliner Landesregierung empfiehlt die Onlinebörse www.unterkunft-ukraine.de, um Geflüchtete und Berliner zusammenzubringen. Die Seite wird von der gemeinnützigen Aktiengesellschaft gut.org und dem elinor-Netzwerk betrieben und hat - Stand Freitag Vormittag - nach eigenen Angaben bundesweit bereits über 300.000 Schlafmöglichkeiten von rund 130.000 Anbietern verzeichnet.
Auf der Plattform können sich sowohl Ukrainer melden, die eine Unterkunft suchen, als auch Berliner, die etwas anbieten können. Dann werde versucht, beide Parteien zusammenzubringen, sagt Lukas Kunert, der Initiator der Plattform: "Wir rufen Sie kurz an und wenn wir Ihnen die geschilderte Situation - beispielsweise eine dreiköpfige Familie - vorstellen und Sie sagen das passt, dann bringen wir beide Parteien auch mit Kontakten zusammen und Sie bekommen Besuch."
Vermittlung lieber online - nicht mehr direkt am Hauptbahnhof
Die Vermittlung findet momentan online statt - wer ein freies Zimmer hat, soll nicht mehr zum Bahnhof kommen. Anfangs, als die ersten Züge mit Geflüchteten ankamen, sei das noch anders gewesen, sagt Jörg Richert von der Berliner Hilfsorganisation Karuna: "Am Hauptbahnhof haben wir praktisch live, wenn man so will, die Familien über Dolmetscher zusammengebracht."
Am Hauptbahnhof stand vor etwa einer Woche auch Zoe Garnier mit ihrem Freund und einem Pappschild in der Hand. Für sie stand schnell fest: Wir haben ein freies Gästezimmer und wollen helfen. Mittlerweile wohnen bei der 32-Jährigen und ihrem Freund zwei geflüchtete Medizinstudierende. Manchmal essen sie zusammen, manchmal nicht - wie in einer WG, sagt Zoe Garnier.
Das Zusammenwohnen laufe gut - die größte Herausforderung seien aber die vielen Fragen, die Geflüchtete haben. "Ich hatte mich allerdings nicht vorbereitet, was danach kommt. Es geht nicht nur, darum ein Zimmer anzubieten. Es kommen auch viele Fragen, viele Zweifel, wo man auch gerne mithelfen möchte und leider nicht die Antwort hat."
Fragen seien zum Beispiel, ob die Geflüchteten sich registrieren sollen, oder wo sie weiterstudieren können. Zoe Garnier ist am Anfang erstmal zwei Tage zu Hause geblieben und hat im Home Office gearbeitet. Denn es gab viel zu tun: "Es war für mich sehr wichtig, verfügbar zu sein – falls Sie irgendwelche Fragen haben, Sie hatten auch keine Klamotten."
Koordinator: "Es ist auch eine Frage der Zeit"
Sich Zeit nehmen sei wichtig, sagt auch Lukas Kunert. Wer vorhabe jemanden aufzunehmen, solle sich vorab zwei Fragen stellen: "Was trauen wir uns zu, wenn wir jemanden aufnehmen, der vielleicht auch traumatisiert ist, der vielleicht auch mal weint. Der zweite wichtige Punkt: Es ist auch eine Frage der Zeit. Wieviel Zeit bin ich bereit, da hineingeben?"
Jemandem die Tür zu öffnen und willkommen zu heißen - das sei mehr als nur eine Geste, so Kunert: "Das ist eine Tat, die den einzelnen, individuellen Menschen abholt und ganz anders versorgt und begegnet, als es eine große Unterkunft möglich macht, in der viele hundert Menschen in einem Raum schlafen müssen."
Freie Betten werden weiter dringend gesucht - denn auch weiter kommen jeden Tag Tausende geflüchtete Menschen in vollen Bussen und Zügen in Berlin und Brandenburg an.
Sendung: Inforadio, 11.03.2022, 7:11 Uhr