Versorgung von Flüchtlingen am Bahnhof - Helfer fordern mehr Lebensmittel für ankommende Ukrainer in Frankfurt
Mehr als 1.000 Ukrainer kommen jeden Tag am Bahnhof in Frankfurt (Oder) an. Doch die Versorgung bröckelt, kritisieren Helfer. Wasser und Lebensmittel seien knapp. Und auch Helfer gibt es weniger.
"Der Zug, der um 16.12 Uhr ankommt, ist von der Erfahrung her der vollste", erzählt Helferin Linda Fehringer. Seit Mitte März unterstützt die Studentin am Bahnhof Frankfurt (Oder) die Versorgung der ukrainischen Geflüchteten. Nach wie vor kommen jeden Tag zwischen 1.200 und 1.400 Menschen dort an, so das Rote Kreuz, dessen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Versorgung am Bahnhof organisieren. Die meisten Geflüchteten wollen weiter nach Berlin oder zurück nach Polen. Während der Kontrollen der Bundespolizei stehen die Züge aber meistens längere Zeit am Bahnsteig. Zeit, in der die Menschen versorgt werden müssen.
Sieben Helfer auf 500 Ukrainer
Im 16-Uhr-Zug säßen meist bis zu 500 Ukrainer, erzählt Fehringer. Teilweise seien diese seit Stunden unterwegs. Ihnen gegenüber stünden im besten Fall sieben Helfer. Meistens jedoch seien es weniger. Auch Dolmetscher sind rar. "Dann werden wir von den ukrainischen Geflüchteten teilweise schon direkt angesprochen: 'Wir brauchen Wasser'", berichtet Fehringer. "Teilweise stehen sie in den Zug-Türen und signalisieren uns mit Handzeichen: Bitte kommt zu uns!"
"Es fühlt sich an, wie in den Anfangstagen"
Im März hatte das Deutsche Rote Kreuz (DRK) die Versorgung der Geflüchteten am Bahnhof übernommen. Zuletzt waren die Kräfte vor Ort reduziert worden - auf zwei Helfer pro Schicht, vier am Tag. Alles andere stemmen die freiwilligen Unterstützer. "Es fühlt sich an wie in den Anfangstagen - als würden wir wieder bei Null anfangen", sagt Jan Augustyniak. Er ist ebenfalls freiwilliger Helfer und außerdem Mitglied der Fraktion Die Linke in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung.
Die meisten Ukrainer steigen nicht in Frankfurt aus
Auch die Versorgung mit Lebensmitteln hat das DRK reduziert. Hatte es im März noch ganze Lunchpakete gegeben, können die Helfer jetzt nur noch Wasserflaschen und Müsli-Riegel austeilen. Alles andere kommt über private Spenden. Doch auch die seien weniger geworden.
Dass es weniger Personal und Lebensmittel am Bahnhof gibt, ist eine Entscheidung der Zentralen Ausländerbehörde (ZABH) als Auftraggeber des DRK. Begründet wird dies mit sinkenden Flüchtlingszahlen. Die meisten Menschen würden zudem nicht in Frankfurt aussteigen und müssten nur noch eine Stunde bis nach Berlin überbrücken, so ZABH-Leiter Olaf Jansen. Doch auch aus Berlin gibt es Rufe der Helfer nach mehr personeller Unterstützung.
Versorgung in Polen unzureichend?
Zum Thema Essensversorgung in Frankfurt (Oder) sagte Jansen, Lunchpakete seien nicht mehr angemessen. "Seit geraumer Zeit bekommen wir Berichte, dass unsere Lunchpakete in Berlin fast eins zu eins weggeschmissen wurden. Das können wir wirklich nicht vertreten." Die Ukrainer seien außerdem bei ihrer Durchreise in Polen schon versorgt worden, so Jansen weiter.
Dem widersprechen die Helfer Linda Fehringer und Jan Augustyniak. Die Versorgung in Polen sei in letzter Zeit drastisch reduziert worden. Teilweise müssten die Geflüchteten für Wasser und Essen auch Geld bezahlen, so Fehringer. Dies wisse man von anderen Helfern, die selbst nach Polen gereist seien, um sich ein Bild zu machen.
Gemeinsam mit weiteren Helfern haben Fehringer und Augustyniak einen Katalog mit Forderungen ausgearbeitet und an die ZABH, an das Innenministerium und an die Stadt Frankfurt (Oder) geschickt. Die Kernpunkte: mindestens sechs Helfer pro Schicht, zwei Dolmetscher sowie eine bessere Versorgung mit Lebensmitteln durch das Deutsche Rote Kreuz.
Bananen und Trinkpäckchen sind gute Spenden
Selbst Brote zu schmieren und an den Bahnhof zu bringen, sei schwierig, so Fehringer. Da gebe es Hygienevorschriften. Wer spenden wolle, könne mit verzehrfertigen Lebensmitteln helfen, wie Bananen oder Trinkpäckchen. Bis zum 15. Juni können diese Spenden noch am Helfer-Infopoint - einem Kiosk-Geschäft in der Bahnhofshalle - abgegeben werden. Danach soll der Raum durch ein Subunternehmen der Deutschen Bahn wieder anderweitig genutzt werden. Wo die Helfer ihre Spenden dann lagern sollen, ist bisher unklar.
Schlafen am Bahnhof
Ein weiteres Problem: Nicht alle Menschen, die in Frankfurt (Oder) bleiben, erreichen offenbar die Erstaufnahmeeinrichtungen in der Oderlandkaserne und im Halbleiterwerk. Laut Fehringer hätten schon mehrere Geflüchtete die Nacht am Bahnhof verbracht, weil es vor allem spätabends keine Informationen über Transportmöglichkeiten mehr gebe.
Jansen von der Zentralen Ausländerbehörde weist das zurück: Nach dem letzten Zug erfolge immer eine Kontrolle am Bahnhof, um Geflüchtete per Shuttle in die Erstaufnahmeeinrichtungen zu bringen.
"Werden unsere Präsenz aufrechterhalten"
Unterdessen hat die Stadt Frankfurt reagiert und plant ein Treffen mit allen Beteiligten in der nächsten Woche unter der Moderation von Sozialdezernent Jens-Marcel Ullrich. Die Stadt trete allerdings rein als Vermittler auf, betonte Stadtsprecher Uwe Meier gegenüber dem rbb. Denn eigentlich liege die Zuständigkeit für die Situation am Bahnhof bei der Zentralen Ausländerbehörde.
Deren Leiter Olaf Jansen hat nun angekündigt, die Kräfte vom Deutschen Roten nicht vom Bahnhof abzuziehen. Ursprünglich sollte der Vertrag zu Ende Juni auslaufen. "Solange der Krieg in der Ukraine andauert, solange werden wir unsere Präsenz da auch aufrechterhalten", so Jansen. Eine Verstärkung sei jederzeit möglich, doch aktuell reiche die jetzige Besetzung aus seiner Sicht aus.
Sendung: Antenne Brandenburg, 31.05.2022, 14:40 Uhr