Klitschko-Fake - Russisches Komiker-Duo räumt Bezahlung durch Gazprom-Tochter ein

Do 07.07.22 | 06:05 Uhr | Von Sascha Adamek und Daniel Laufer
Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. (Quelle: dpa/Beata Zawrzel)
ARD Kontraste | 07. Juli 2022 | Lena Petersen | Bild: dpa/Beata Zawrzel

Bislang hatten die für gefälschte Klitschko-Gespräche verantwortlichen russischen Komiker Wowan und Lexus eine staatliche Beteiligung verneint. Jetzt räumen sie gegenüber Kontraste ein, von einer Plattform bezahlt zu werden, die dem staatlichen Gazprom-Konzern gehört. Von Sascha Adamek und Daniel Laufer

In den vergangenen Wochen haben Wowan und Lexus politische Prominente in ganz Europa mit gefälschten Videotelefonaten mit dem Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko öffentlich vorgeführt – darunter etwa Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey, andere Stadtoberhäupter und sogar die EU-Innenkommissarin.

Im Interview mit dem ARD-Politikmagazin Kontraste räumen sie jetzt ein, sich durch Gelder der russischen Plattform Rutube zu finanzieren – einer Kopie von Youtube. "Wir arbeiten für Rutube und sind Rutube-Botschafter. Also bekommen wir unser Geld von dort", sagt Alexej Stoljarow alias Lexus im Interview mit Kontraste. Rutube ist ein Tochterunternehmen von Gazprom Media, die zum staatlichen Gazprom-Konzern gehört.

Der Kreml will den Humor kontrollieren

Für Jānis Sārts, Direktor NATO-Exzellenzzentrum für Strategische Kommunikation, ist das jüngste Eingeständnis von Stoljarow eine wichtige Bestätigung: "Das heißt, dass sie für das, was sie tun eindeutig Staatsgelder erhalten", so Sārts. Für ihn ist das folgerichtig, habe doch der Kreml ein hohes Interesse an dem Vorgehen der beiden Komiker: Für Putin sei Humor eine echte Bedrohung wie für jedes autokratische Regime. In diesem Fall sei es besser, den "Humor zu kontrollieren" und im Falle von Wowan und Lexus ausschließlich gegen westliche Politiker:innen zu richten.

Auch der Versuch, die Politiker zu negativen Aussagen über ukrainische Geflüchtete zu verleiten, passe zu den Narrativen des Kreml.

Ex-BND-Präsident: Schärfste Waffe im Infokrieg ist der Humor

Auch andere Expertinnen und Experten erkennen in dem Vorgehen der beiden Komiker ein Muster: "Sie verkaufen sich als harmlose Spaßvögel", doch ihre Inhalte seien hochpolitisch, ihre "Pranks" ganz im Sinne des Kreml – sagt Julia Smirnova, Analystin des "Institute for Strategic Dialogue". In Russland werde seit Jahren vermutet, dass sie eventuell mit dem russischen Staat oder mit den russischen Geheimdiensten arbeiten.

Der ehemalige BND-Präsident Gerhard Schindler erklärte gegenüber Kontraste, mit einem "gigantischen Informationskrieg" werde versucht, den Gegner unglaubwürdig zu machen. Dafür setze man auf Module wie Fake News, wie Desinformation und Manipulation: "Aber die schärfste Waffe in diesem Informationskrieg ist der Humor, ist der Witz, der Spott, um den Gegner lächerlich zu machen und zu delegitimieren", so Schindler. Das methodische Vorgehen der beiden Komiker erinnert den ehemaligen BND-Präsidenten zudem an nachrichtendienstliches Vorgehen: zwar sei das Profiling, ein Social Engineering auch in anderen Bereichen üblich, aber "es erinnert natürlich im ersten Moment sehr an nachrichtendienstliche Operationen".

Bisher haben Wowan und Lexus aus den Gesprächen das falschen Vitali Klitschkos nur Aufnahmen von der EU-Innenkommissarin und Warschaus Stadtpräsident veröffentlicht. Lexus zufolge sollen die übrigen – also auch von Franziska Giffey – kommende Woche folgen.

Sendung: Kontraste, 07.07.2022, 21:45 Uhr

Beitrag von Sascha Adamek und Daniel Laufer

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