Königsteiner Schlüssel - Ukrainische Geflüchtete sollen nun nach festen Regeln verteilt werden
Bislang war für Bundesinnenministerin Faeser ein fester Verteilschlüssel für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge nicht notwendig. Doch gerade die Erfahrungen in Berlin haben sie zum Umdenken bewegt. Die Hauptstadt hofft nun auf Entspannung.
Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen nun doch zumindest teilweise nach bestimmten Regeln auf die einzelnen Bundesländer verteilt werden. Das teilte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Freitag nach einer Besprechung mit den Innenministern der Länder und Vertretern der kommunalen Spitzenverbände mit: "Wir haben heute Vormittag vereinbart, dass wir nun verstärkt nach dem Königsteiner Schlüssel diejenigen Geflüchteten auf die Länder verteilen, die nicht privat in Familien oder bei Bekannten untergebracht und versorgt werden."
Bei der Verteilung von Asylbewerbern auf die Länder kommt der sogenannte Königsteiner Schlüssel zur Anwendung. Rechtlich möglich ist es, diesen auch für die Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge zu nutzen.
"Auf freiwilliger Basis geht es nicht mehr"
Faeser hatte am vergangenen Mittwoch nach einer Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestages noch erklärt, das sei zunächst nicht erforderlich. Etliche Landesregierungen sehen das jedoch anders, allen voran jene in Berlin und Brandenburg, wo bislang die meisten Kriegsflüchtlinge eingetroffen sind und untergebracht wurden.
Die Bundesinnenministerin war am Freitagnachmittag zu Gast in Frankfurt (Oder) und machte sich dort gemeinsam mit dem Brandenburger Ministerpräsidenten Dietmar Woidke (SPD) ein Bild von der Lage der dort ankommenden Flüchtlinge. "Wir haben im Moment die große Herausforderung - und das wird so bleiben -, dass Metropolstädte wie Hamburg und Berlin Ziel der Geflüchteten sind. Und hier müssen wir feststellen: Selbst wenn wir die Geflüchteten verteilen, kehren sie zurück", sagte Faeser auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Woidke, "wir müssen deshalb mit einem Verteilschlüssel rangehen. Wir haben den Königssteiner Schlüssel schon immer angegelegt. Bislang ging es auf freiwilliger Basis, jetzt geht es nicht mehr."
Berlin greift nun auf "EASY"-Verfahren zurück
Das Land Berlin will nach dieser Ankündigung der Bundesinnenministerin die Registrierung von Geflüchteten aus der Ukraine künftig anders handhaben und damit die derzeit angespannte Lage entschärfen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das zweite Ankunftszentrum auf dem ehemaligen Flughafengelände in Tegel. Es soll im Laufe der nächsten Woche hochgefahren werden, kündigte die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) am Freitagnachmittag an.
Alle in Berlin Ankommenden würden dann zunächst nach Tegel gelenkt, sagte Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) auf einem gemeinsamen Pressetermin. Noch bevor die Menschen dort registriert werden, soll das sogenannte "EASY-Verfahren" zur Verteilung der Menschen greifen, so Kipping: "Das ist ein automatisches digitales Verfahren, das entscheidet, wer nach Königsteiner Schlüssel in Berlin bleibt und wer in andere Bundesländer kommt." Derzeit bringen 10 bis 17 Busse täglich ukrainische Kriegsflüchtlinge von Berlin aus in andere Bundesländer, wie die Senatsverwaltung für Soziales dem rbb mitteilte. Die Busse seien "je nach Zielort gut bis mittel ausgelastet".
Kipping: Registrierung ist keine Pflicht
Damit soll es von Anfang an Klarheit geben, in welchem Bundesland die Registrierung der Geflüchteten erfolgt. Nur wer in Berlin bleibe, werde dann auch hier registriert. Von Tegel aus sollen Busse die Menschen dann in die jeweils zugeteilten Bundesländer bringen. Per Registrierung erhalten die Menschen mit ihrem Status als Kriegsflüchtlinge Zugang zu sozialen Leistungen, sagte Kipping. In Berlin seien dafür die Sozialämter in den jeweiligen Bezirke ihrer Unterkünfte zuständig.
"Die Menschen, die hier ankommen, kommen nach Gesetzeslage visafrei hier an, sind quasi Reisende. Es ist verboten, jeden, der hier reinkommt, sofort zu registrieren", so Kipping. "Erst in dem Moment, wo sich die Menschen als Kriegsflüchtlinge registrieren lassen wollen, können wir sie registrieren, und das machen wir dann auch."
Bis das Ankunftszentrum in Tegel eröffnet ist, werden die Geflüchteten aus der Ukraine weiterhin im Ankunftszentrum in Reinickendorf registriert. Termine für die Registrierung sind online buchbar.
Sendung: Abendschau, 11. März 2022, 19:30 Uhr