Haustiere von Geflüchteten - "Wenn sie hören, dass ihre Tiere ins Heim müssen, sind sie schockiert"
Fast 150.000 Menschen sind seit Beginn des Krieges in der Ukraine nach Deutschland geflüchtet. Viele wollen ihre Haustiere nicht zurücklassen. Doch für Hunde und Katzen ist die Einreise kompliziert. Ein Tierheim in Eisenhüttenstadt versucht zu helfen.
Viele Helferinnen und Helfer stehen in Deutschland bereit, um sich auch um Haustiere aus der Ukraine zu kümmern. Eine von ihnen ist Jana Feister, Leiterin des Tierheims am See in Eisenhüttenstadt.
"Die Menschen aus der Ukraine haben Angst um ihre Tiere", erzählt Feister. Ihr Heim nimmt Tiere von geflüchteten Menschen auf, die nicht in die Unterkünfte mitgenommen werden dürfen. Vor einer Woche sollte sie die Katze einer ukrainischen Mutter und ihrer Tochter am Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt abholen: "Das Kind wollte sich nicht von der Katze trennen – das war herzzerreißend", erinnert sich Feister. "Es wollte lieber mit der Katze im Freien schlafen, als sie in fremde Hände zu geben."
Strenge Regeln bei Einfuhr von Haustieren in die EU
Solche Szenen spielen sich wohl immer wieder am Erstaufnahmelager in Eisenhüttenstadt ab. Denn offiziell gilt die Ukraine als nicht gelistetes Drittland in der Tollwutbekämpfung [bmel.de]. Damit gelten strenge Regeln für die Einfuhr von Heimtieren in die EU: veterinäre Untersuchungen, Impfungen und eine dreiwöchige Quarantäne zur Tollwutvermeidung. Zudem ist die Tierhaltung in den meisten Sammelunterkünften und Erstaufnahmelagern untersagt. Doch wohin mit den tierischen Begleitern?
In den meisten Fällen alarmiert die Ausländerbehörde umliegende Tierheime, damit die Haustiere zumindest temporär Unterkunft finden. "Wenn die Menschen hören, dass ihre Tiere in ein Heim müssen, sind sie erstmal schockiert", sagt Feister. Viele ukrainische Geflüchtete hätten negative Vorstellungen von Tierheimen und fürchteten, dass ihre Tiere womöglich schlecht behandelt würden.
Das Tierheim am See versucht sein Bestes, um den Menschen ihre Ängste zu nehmen. Jana Feister schickt Geflüchteten sogar Fotos per WhatsApp von den Tieren, die sie in ihrem Heim aufgenommen hat. Bei Gelegenheit kommen Geflüchtete vorbei, um ihre Tiere zu besuchen.
Deutscher Tierschutzbund sieht Handlungsbedarf in Heimen
Mittlerweile hat das Tierheim am See zehn Katzen, zwei Hunde, eine Ratte und ein Kaninchen aus der Ukraine aufgenommen. Mit der Ankunft weiterer Geflüchteter aus der Ukraine werden vermutlich noch mehr Tiere dazukommen. Bislang hat das Eisenhüttenstädter Tierheim noch Kapazitäten zur Unterbringung. Es mangelt aber an privaten Pflegestellen in unmittelbarer Umgebung von Eisenhüttenstadt.
Auch der Deutsche Tierschutzbund sieht dringenden Handlungsbedarf, um die Unterbringung von Tieren aus der Ukraine zu verbessern. In einer Pressemitteilung spricht der Verein von einer drohenden "nicht-humanitären" Katastrophe in Tierheimen [tierschutzbund.de]. Er fordert die Politik auf, schnelle und unkomplizierte Hilfe bereitzustellen. Zum Beispiel für die Unterbringung von Tieren in Sammelunterkünften oder für die Übernahme von Kosten für Futter und veterinäre Behandlungen.
Entlastung von Tierheimen geplant
Die Bundesregierung hat bereits reagiert: Seit letzter Woche sind die Einfuhrbestimmungen für Tiere aus der Ukraine gelockert [bmel.de]. Dennoch werden Tierheime in der nächsten Zeit Unterstützung benötigen.
"In den nächsten Wochen wird das unsere Aufmerksamkeit erfordern - da werden wir nicht drum herumkommen", sagt der unabhängige Tierschutzbeauftragte des Landes Brandenburg Stefan Heidrich. Sein Ministerium arbeitet gerade an einem Spendenaufruf, um Tierheime bei der Versorgung von Tieren aus der Ukraine zu entlasten.
In Eisenhüttenstadt geht die Versorgung von Tieren aus der Ukraine derweil weiter. Auch für die Familie mit ihrer Katze hat das Team von Jana Feister eine Lösung gefunden. Kurzerhand wurde eine private Unterkunft organisiert, damit Mutter, Tochter und Katze erstmal zusammenbleiben können. Spenden nimmt das Tierheim am See in Eisenhüttenstadt über die Bankverbindungen auf seiner Facebookseite entgegen.