Ukraine-Krieg - Wie Freiwillige am Frankfurter Bahnhof Geflüchtete unterstützen
Täglich versorgen ehrenamtliche Helfer:innen am Frankfurter Bahnhof Geflüchtete aus der Ukraine mit Lebensmitteln. Einer von Ihnen ist Felix Zimmermann. Seit Anfang März verbringt er fast jeden Tag hier. Von Felicitas Montag
Mehr als vier Millionen Menschen haben seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine das Land verlassen [unhcr.org]. Davon sind etwa 300.000 Geflüchtete in Deutschland untergekommen. Viele nutzen den Zug, der aus Polen kommend über Frankfurt (Oder) weiter nach Berlin oder Hannover fährt. Am Frankfurter Bahnhof werden die Menschen von vielen ehrenamtlichen Helfer:innen in Empfang genommen und versorgt. Dazu gehört auch Felix Zimmermann.
Erstversorgung wird vom DRK organisiert
Felix ist 31 Jahre und wohnt eigentlich in Jena. Über Whatsapp erfährt er Anfang März, dass in Frankfurt (Oder) ehrenamtliche Helfer:innen gesucht werden. Kurzum startet er eine Spendenaktion, packt seinen Kombi mit Lebensmitteln voll und fährt in die Oderstadt. "Seitdem helfe ich hier und habe bereits an drei Grenzfahrten teilgenommen, um eben auch Flüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland sicher herzubringen", erzählt Felix.
Die Erstversorgung am Frankfurter Bahnhof wird vom Deutschen Roten Kreuz organisiert. Zusätzlich gibt es viele freiwillige Helfer:innen, die beim Übersetzen helfen oder Spenden sortieren. Auch Felix arbeitet ehrenamtlich, bekommt aber eine Aufwandsentschädigung vom DRK. "Mir reicht aber auch ein kleines Kind, dass sich über ein riesiges Kuscheltier freut, mich dann angrinst und mir dankt. Dann hat sich der ganze Aufwand schon gelohnt", betont Felix.
Gute Organisation am Bahnhof
Seit 07.30 Uhr ist Felix im Einsatz. Er trägt ein Basecap, an seinem schwarzen Kapuzenpulli hängt ein Funkgerät, darüber trägt er eine gelbe Weste. Die meiste Zeit verbringt er im so genannten unteren Lager, dass sich in einem leerstehenden Supermarkt im Bahnhof befindet.
Hier liegen Kuscheltiere neben Schokoriegeln, Feuchttüchern und Tierfutter, die von Freiwilligen sortiert und verteilt werden. Ein Großteil der Sachspenden kommt von Einzelpersonen oder Unternehmen aus der Region. Das obere Lage befindet sich direkt am Gleis, wo die Ankommenden versorgt werden. Pro Tag halten zwischen acht bis zehn Züge in Frankfurt.
Überfüllt sind die Züge nicht mehr. Alles wirkt entspannt und gut organisiert. Bevor die Ehrenamtlichen mit ihrer Arbeit loslegen können, werden die Geflüchteten von der Bundespolizei gezählt und ihre Ausweisdokumente kontrolliert, wie Felix berichtet: "Nachdem das gelaufen ist, können wir mit Lebensmitteln und Hygienartikeln in den Zug reingehen und gucken, dass wir wirklich alle versorgen, um den Leuten vielleicht nicht die Welt zu retten, aber den Tag ein bisschen besser zu machen."
Die Anzahl der Geflüchteten pro Zug gibt Felix per Funk an seine Kolleg:innen in Berlin weiter, damit diese sich auf die Ankommenden und ihre Bedürfnisse einstellen können.
"Würde ich tagtäglich Nachrichten gucken, würde ich daran kaputt gehen"
Felix selbst spricht weder russisch noch ukrainisch. Er ist auf die Unterstützung von Dolmetscher:innen angewiesen. Oleksandr Shevchenko, der von allen nur Alex genannt wird, arbeitet inzwischen seit vier Wochen als Übersetzer am Frankfurter Bahnhof. Er kommt ursprünglich aus Kyjiw, seit 2003 lebt er in Deutschland. Die Geflüchteten fragen ihn nach dem Weg, ob sie Geld für die Reise brauchen oder wo sie Asyl beantragen können. "Sie sind mehr als glücklich, dass soviel Hilfe hier geleistet wird. Die Deutschen, muss ich sagen, geben sich sehr viel Mühe, um das Ganze voranzutreiben".
Alex ist froh, dass er "seinen Landsleuten" helfen kann, gleichzeitig bedeutet die Arbeit für ihn auch Ablenkung. Sein Vater und weitere Verwandte sind noch in der Ukraine. "Würde ich tagtäglich Nachrichten gucken, würde ich daran kaputt gehen."
Arbeit geht nach Dienstschluss weiter
Felix Zimmermann ist oft bis 18.30 Uhr am Bahnhof im Einsatz, danach sei aber noch lange nicht Feierabend: "Dann versuche ich noch Spenengelder zu organisieren oder Fahrten für Flüchtlinge, die hier vor Ort sind, zu managen, damit wir denen auch ein wenig ein Sozialleben geben können. Also die Arbeit hört nicht auf nach zehn oder zwölf Stunden hier am Bahnhof."
Dass ihm die Arbeit Spaß macht, ist kaum zu übersehen. Felix lächelt viel, wirkt erngiegeladen und motiviert. Aber ihm ist auch bewusst, dass er irgendwann eine längere Pause braucht, "um mental und körperlich Energie zu sammeln und um auch das Privatleben wieder mehr in den Fokus zu nehmen."
Sendung: Antenne Brandenburg, 08.04.2022, 16.40 Uhr