Vorstoß von vier Bundesländern - Berlin und Brandenburg wollen bundesweite Regelung für Corona-Isolation

Fr 11.11.22 | 20:51 Uhr
Eine Frau sitzt während der Isolation nach einem positiven Corona-PCR-Test auf ihrem Bett (Quelle: DPA/Sebastian Gollnow)
Video: rbb24 Brandenburg aktuell | 11.11.2022 | Bild: DPA/Sebastian Gollnow

Wer positiv auf das Coronavirus getestet wird, muss sich nach wie vor absondern. Vier Bundesländer wollen die Isolationspflicht nun abschaffen. Berlin und Brandenburg wünschen sich dagegen, dass es keine Alleingänge bei der Frage gibt.

Nach dem Vorstoß der vier Bundesländer Hessen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Bayern, die Corona-Isolationspflicht für positiv gestestete Menschen abschaffen zu wollen, gibt es unterschiedliche Reaktionen aus Berlin und Brandenburg.

Die Berliner Landesregierung zeigte sich für eine Lockerung der Isolationspflicht offen, fordert dafür aber ein gemeinsames Vorgehen der Bundesländer. Man beobachte die bundesweite Diskussion sehr genau, teilte der Sprecher der Berliner Gesundheitsverwaltung, Hans-Christoph Keller, dem rbb. Es sei grundsätzlich sinnvoll und notwendig, dass infizierte Menschen mit Symptomen zu Hause bleiben. Denn so könnten Infektionsketten unterbrochen und vulnerable Gruppen geschützt werden. "Es gibt aber gute Argumente dafür, dass infizierte Menschen ohne Symptome nicht zwangsläufig in die Isolation gehen müssen", so Keller.

Nonnemacher: "Keine banale Geschichte"

Offen für eine Aufhebung der Isolationspflicht zeigte sich auch die SPD-Fraktion in Brandenburg. Es sei jetzt "Zeit für mehr Eigenverantwortung", sagte der Fraktionsvorsitzende Daniel Keller dem rbb. Auch Keller plädierte aber für eine bundesweit einheitliche Regelung.

Kritischer reagierte die Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher. Dem rbb sagte sie, sie teile die Einschätzungen nicht, wonach die Corona-Pandemie bereits in der endemischen Phase sei. Daher werde sich Brandenburg weiterhin an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts halten und die Isolationspflicht vorerst nicht lockern. "Das sind ja keine banalen Geschichten", sagte Nonnemacher mit Blick auf den Verlauf von Corona-Infektionen. Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein hätten bisher noch nicht geklärt, wie mit Personen verfahren werden solle, die symptomatisch erkrankt sind und andere Menschen infizieren und gefährden könnten.

Der Sprecher des Gesundheitsministeriums, Gabriel Hesse, sagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: "Wir halten ein bundesweit einheitliches und gemeinsames Vorgehen bei den Corona-Maßnahmen weiterhin für sehr wichtig". Erst bei der jüngsten Gesundheitsministerkonferenz am 24. Oktober hätten sich die Länder auf ein abgestimmtes Verhalten bei den Regeln verständigt. "Vor diesem Hintergrund ist es etwas verwunderlich, dass vier Bundesländer heute bekanntgeben, die Corona-Absonderungsregeln lockern zu wollen."

Maskenpflicht für positiv Getestete

Die vier genannten Bundesländer haben am Freitag eine gemeinsame Erklärung abgegeben. Demnach bedürfe es "einer neuen Phase im Umgang mit der Pandemie", die sich "am Übergang zu einer Endemie" befinde, hieß es darin. In Bayern entfällt die Isolationspflicht schon ab kommendem Mittwoch, die anderen Länder nannten noch keine konkreten Daten.

Die Neuregelung soll jedoch zeitnah in allen vier Bundesländern in Kraft treten. Die Details würden derzeit ausgearbeitet, hieß es. An die Stelle der generellen Isolationspflicht sollen dann angepasste Maßnahmen wie eine begrenzte Maskenpflicht positiv getesteter Menschen sowie dringende Empfehlungen treten.

So soll beispielsweise in Schleswig-Holstein für positiv Getestete ohne Krankheitssymptome außerhalb der eigenen Wohnung eine fünftägige Maskenpflicht in Innenräumen gelten. Zudem gelte dann ein Betretungsverbot für medizinische und pflegerische Einrichtungen, erklärte die Landesregierung bereits.

Die vier Länder begründeten ihre Entscheidung unter anderem mit zurückgehenden Infektionszahlen, einer wirksamen Impfung, einer Basisimmunität innerhalb der Bevölkerung von mehr als 90 Prozent, sehr seltenen schweren Krankheitsverläufen und wirksamen antiviralen Medikamenten.

Lauterbach kritisiert Alleingänge einzelner Länder

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nannte den Schritt der Länder einen "Fehler, weil es zu einem Flickenteppich in ganz Deutschland führen würde". Die Entscheidung komme "zur Unzeit". Es gebe derzeit keinen medizinischen Grund, auf die Isolationspflicht zu verzichten. Als Grund nannte Lauterbach in seinem Statement unter anderem eine "wahrscheinlich schwere Winterwelle".

Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz übte Kritik. Die Länder, welche "die Isolationspflicht beerdigen", wischten wesentliche Fakten vom Tisch, erklärte Vorstand Eugen Brysch. Unterschiedliche Regeln in den Ländern seien zudem "chaotisch".

Der Bonner Virologe Hendrik Streeck begrüßte dagegen die Aufhebung der Isolationspflicht in den vier Ländern. Mit der Pflicht sei bei der derzeitigen hohen Dunkelziffer das Infektionsgeschehen nicht einzudämmen, sagte er der "Fuldaer Zeitung". "Wir sollten davon Abstand nehmen und zu einem Isolationsgebot übergehen", ergänzte Streeck, der Mitglied im Corona-Expertenrat der Bundesregierung ist. "Wer sich krank fühlt, sollte zu Hause bleiben", sagte er.

Sendung: rbb24 Inforadio, 11.11.2022, 16 Uhr

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