Gipfel von Bund und Ländern - Teil-Lockdown verlängert, Kontaktbeschränkungen verschärft, Ausnahmen für die Feiertage
Bund und Länder haben sich auf den weiteren Fahrplan zur Corona-Eindämmung verständigt. Klar ist: Der Teil-Lockdown wird verlängert, die Maskenpflicht wird verschärft, die Kontaktbeschränkungen ebenfalls. Doch für Weihnachten sind Lockerungen geplant.
Die Ministerpräsidenten der Bundesländer haben sich am Mittwoch nach mehr als siebenstündigen Beratungen in einer Video-Konferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über den weiteren Kurs in der Corona-Pandemie verständigt.
Dabei ging es um einheitliche Regelungen für die Weihnachtsfeiertage und den Jahreswechsel sowie erweiterte Maßnahmen für Schulen, Gastronomie, Einzelhandel, Tourismus und Reisen.
Merkel sagte, der exponentielle Anstieg der Infektionszahlen sei gebrochen worden. "Aber das ist nur ein Teilerfolg. Wir können uns mit diesem Teilerfolg auf gar keinen Fall begnügen", betonte sie. "Wir brauchen noch mal eine Kraftanstrengung." Dazu gehörten weiter Geduld, Solidarität und Disziplin.
Das sind die Regelungen im Überblick:
Teil-Lockdown
Die Einschränkungen des Teil-Lockdowns sollen zunächst bis zum 20. Dezember verlängert werden. Bund und Länder seien sich aber einig gewesen, dass die derzeitigen Beschränkungen "nach menschlichem Ermessen bis Anfang Januar gelten müssen", sagte Kanzlerin Merkel. Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) kündigte gegenüber dem "Tagesspiegel" bereits an, den Teil-Lockdown bis ins neue Jahr zu verlängern.
Der Teil-Lockdown bedeutet unter anderem Schließungen von Hotels und Gaststätten, Kultureinrichtungen und Fitness-Studios.
Kontaktbeschränkungen
Private Zusammenkünfte sollen künftig auf maximal fünf Personen aus zwei Haushalten beschränkt werden. Bisher waren es 10 Dazugehörige. Kinder unter 14 Jahren zählen nicht dazu.
Für die Zeit vom 23. Dezember bis zum 1. Januar soll die maximale Personenzahl unabhängig von der Anzahl der Haushalte auf zehn erhöht werden, um in der Weihnachtszeit und zum Jahreswechsel Treffen im engsten Familien- oder Freundeskreis zu ermöglichen. Auch hier zählen Kinder unter 14 Jahren nicht dazu.
Schulen
Kitas und Schulen bleiben offen. In Abhängigkeit von der regionalen Situation wird aber die Maskenpflicht auch auf die Jahrgänge ab der 7. Klasse ausgeweitet. Ein hybrider oder Wechselunterricht soll in Corona-Hotspots (Inzidenz über 200) ab der 8. Klasse möglich sein. Ein Streit um die Finanzierung zusätzlicher Schulbusse blieb zunächst ungelöst.
Für Schüler, die sich mit Corona angesteckt haben, und deren Mitschüler soll es einheitliche Regeln geben: Sofortige fünftägige Quarantäne, danach kann man mit einem negativen Schnelltest wieder zur Schule.
Die Weihnachtsferien sollen in diesem Jahr fast überall in Deutschland gleichzeitig am 19. Dezember beginnen.
Stärkere Maßnahmen bei Inzidenzwert von mehr als 200
Bund und Länder haben nach Angaben von Kanzlerin Merkel eine dritte Schwelle bei den Sieben-Tages-Inzidenzen eingezogen. Bei mehr als 200 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern binnen sieben Tagen müssten noch einmal schärfere Einschränkungen verhängt werden. Dies betreffe zurzeit ganz Berlin sowie 62 Landkreise in Deutschland. "Wir haben bewusst nicht reingeschrieben, welche", sagte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) zu den schärferen Einschränkungen.
Was das für Berlin im einzelnen bedeutet, ist noch offen. Der Berliner Senat will am Donnerstag über die aktuelle Lage beraten. In Brandenburg, wo der Inzidenzwert deutlich niedriger ist, berät die Landesregierung am Freitag.
Bundesländer können nach den Beschlüssen des Corona-Gipfels außerdem abhängig von der Infektionslage entscheiden, ob sie Maßnahmen lockern oder verschärfen. Bundesländer mit sehr guten Zahlen haben damit die Möglichkeit zur Erleichterung.
Handel
Im Handel gilt künftig auch vor den Läden und auf Parkplätzen Maskenpflicht. Bei Ladenflächen bis 800 Quadratmeter soll je zehn Quadratmeter ein Kunde zulässig sein, ab 800 Quadratmetern dann ein Kunde je 20 Quadratmeter. In einem Discounter mit der üblichen Größe von 1.000 Quadratmetern wären dann gleichzeitig maximal 50 Kunden zulässig. Die Händler müssen dafür sorgen, dass die Kundenströme geordnet fließen.
Maskenpflicht
In öffentlich zugänglichen Räumen ist künftig grundsätzlich eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen. Das gilt auch an Orten unter freiem Himmel, wo sich viele Menschen gleichzeitig aufhalten, und am Arbeitsplatz, sofern der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.
Winterurlaub
Bund und Länder appellieren dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zufolge an die Bundesbürger, bis zum 10. Januar auf die Fahrt in den Ski-Urlaub zu verzichten. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) warnte ausdrücklich vor einem drohenden Rückschlag durch die Weihnachtsferien. "Die Ferien sollen kein Risiko bilden."
Finanzhilfen
Die Hilfen für Restaurants, Fitness-Studios und andere wegen der Corona-Maßnahmen geschlossenen Einrichtungen werden verlängert. Die Struktur der Dezember-Hilfen solle so aussehen wie die November-Hilfen, sagte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Das würde bedeuten, dass sie bis zu 75 Prozent ihres Umsatzes des Vorjahresmonats - dann also Dezember 2019 - aus Steuergeldern erstattet bekommen.
Für Wirtschaftsbereiche, die von Schließungen nicht betroffen sind, aber gleichwohl "absehbar auch in den kommenden Monaten erhebliche Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebes hinnehmen müssen", werde der Bund bei den bis Ende Juni 2021 angesetzten Überbrückungshilfen III "die Konditionen für die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche verbessern". Diese betreffe insbesondere die Kultur- und Veranstaltungswirtschaft, Solo-Selbstständige und die Reisebranche.
Bahnfahren
Nach dem Beschluss von Bund und Ländern soll die Sitzplatzkapazität der Züge deutlich erhöht werden, um noch mehr Abstand zwischen den Reisenden zu ermöglichen. Als denkbar gilt es, mehr Züge einzusetzen. Die Reservierbarkeit der Sitzplätze soll parallel dazu beschränkt werden. Einzelheiten soll nun die Bahn festlegen. Eine Reservierungspflicht wird es nicht geben.
Silvesterfeuerwerk
Bund und Länder wollen privates Böllern zu Silvester nicht verbieten, sondern untersagen nur öffentlich veranstaltetes Feuerwerk und das Böllern auf belebten Straßen und Plätzen. Bürgern wird aber empfohlen, auf Silvesterfeuerwerk in diesem Jahr zu verzichten.
Woidke und Müller betonen Ernst der Lage
Der Brandenburger Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte nach den Beratungen laut einer Mitteilung, die Kontakte der Menschen müssten noch weiter reduziert werden. "Die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen erhöht sich deutlich. Die Zahl der Todesfälle steigt ebenfalls. Das macht mir große Sorgen." Umso wichtiger sei es, jetzt zu handeln. "Es bleibt bei Einschränkungen, bis ausreichend viele geimpft sind und die Infektionszahlen deutlich sinken", kündigte Woidke an.
Der Berliner Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) betonte, die Beratungen seien diesmal "ohne Kontroversen, ohne Streit" abgelaufen. Die Lage sei ernst. In Berlin sei inzwischen ein Viertel der Intensivbetten mit Covid-19-Patienten belegt. Müller richtete einen dringenden Appell an die Menschen, sich bewusst zu machen, was jeder Einzelne zun könne, um sich und andere zu schützen. "Wir sind in einer Situation, wo es wirklich auch in vielen Bereichen um Leben und Tod geht."
Sendung: Inforadio, 25.11.2020, 11:30 Uhr