Koalitionsgespräche in Brandenburg - SPD, CDU und Grüne wollen keine neuen Tagebaue mehr
Die Energie- und die Kohlepolitik galten als größte Stolpersteine für ein "Kenia"-Bündnis, doch nun haben sich SPD, CDU und Grüne in besonders sensiblen Punkten geeinigt. Von allen Beteiligten hieß es am Mittwochabend, man sei sehr gut vorangekommen.
SPD, CDU und die Grünen in Brandenburg haben auf dem Weg zur geplanten Koalition wichtige Streitpunkte bei der Energieversorgung sowie im Bereich Infrastruktur beigelegt. Bei den erzielten Kompromissen seien alle Beteiligten bis an die Schmerzgrenzen gegangen, sagte CDU-Unterhändler Michael Stübgen nach den mehr als neunstündigen Verhandlungen am Mittwochabend.
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, "wir haben einen großen Schritt nach vorn gemacht." Man sei sich einig, dass es in Brandenburg keine neuen Tagebaue und Tagebau-Erweiterungen sowie Umsiedlungen von Dörfern mehr geben solle. Für Bündnis90/Die Grünen war das die zentrale Bedingung für ein mögliches Bündnis mit SPD und CDU.
Keine neuen Tagebaue, mehr Windkraft
Einig sei man sich auch bei der Windenergie: "Wir wollen in Brandenburg die Windenergie in den nächsten Jahren vorantreiben - durch den Neubau von Windenergieanlagen, aber auch durch Repowering auf landesplanerisch festgelegten Eignungsgebieten", sagte Woidke. Ziel sei, 10.500 Megawatt aus Windenergie bis 2030 zu erreichen.
Stübgen sagte, man wolle vor allem dafür sorgen, dass die Menschen, die bereits mit Windkraftanlagen belastet sind, nicht noch mehr belastet würden. Zudem müsse beim Ausbau auch die notwendige Akzeptanz bei den betroffenen Menschen hergestellt werden.
Was die Distanz zwischen Windrädern und Wohnsiedlungen betrifft, hat man sich nach rbb-Informationen auf 1.000 Meter verständigt - eine Forderung der Grünen, während SPD und CDU einen Mindestabstand von 1.500 Metern durchsetzen wollten. Allerdings müssten noch die entsprechenden Bundesregelungen abgewartet werden, schränkte Woidke ein. Der Landesverband Windenergie hatte zu Wochenbeginn beklagt, dass der Ausbau der Windkraft in Brandenburg völlig zum Erliegen gekommen sei.
Nonenmacher betont Fortschritte beim Ausbau des ÖPNV
Vereinbart wurde auch eine Verbesserung der Regionalbahnangebote und der Kauf neuer Züge, erklärte Grünen-Verhandlungsführerin Ursula Nonnemacher am Mittwochabend. "Wir wollen mehr Züge bestellen, wir wollen alle Maßnahmen des Infrastrukturprojekts i2030 sehr schnell umsetzen", sagte Nonnemacher. Auch der Radwegeverkehr in Brandenburg werde ausgebaut. Bei den Themen Fachkräftesicherung, Wirtschaftsförderung und Digitalsierung habe es wenig Dissens gegeben, "wir sind wirklich sehr gut vorangekommen", lobte die Grünen-Politikerin.
Vor der abschließenden Sitzung zu Energie und Infrakstruktur seien die einzelnen Punkte von der zuständigen Arbeitsgruppe auf 22 Seiten erfasst und vorbereitet worden, sagte Woidke.
Die Finanzen - letzte Etappe auf dem Weg nach "Kenia"
Allen drei Parteien ist es wichtig, nach dem Ende der Kohleverstromung zahlreiche neue Arbeitsplätze zu schaffen. Wie die potenziellen "Kenia"-Koalitionäre unisono sagen, soll die Lausitz zu einer Modellregion für den Strukturwandel und die wirtschaftliche Entwicklung nach dem Ende der Kohleförderung werden.
Am Donnerstag wird es bei den Koalitionsverhandlungen um die Finanzen gehen. Dabei wollen die drei Parteien beraten, wie die in den vergangenen Runden vereinbarten Maßnahmen und Ziele finanziell untersetzt werden können. Sicher ist: Neue Schulden sollen dazu nicht aufgenommen werden. Gleichzeitig soll in Infrastruktur, Bildung, Wissenschaft und Klimaschutz investiert werden.
In den Rücklagen des Landes Brandenburg steht ein mittlerer, dreistelliger Millionenbetrag zur Verfügung. Der Schuldenstand macht etwa 17,3 Milliarden Euro aus.
Am Sonntag dann wollen die Partner in die Schlussberatungen eintreten.
Auch in der kommenden Woche werde es weitere Termine geben, sagte Woidke. Qualität gehe vor Geschwindigkeit.
Neue Regierung muss bis Weihnachten stehen
Vor gut drei Wochen hatte SPD, CDU und die Grünen ihre Koalitionsverhandlungen aufgenommen. Grundlage dafür ist das Eckpunktepapier, auf das sich die drei Parteien bei ihren Sondierungsgesprächen geeinigt hatten. Trotzdem würden die Verhandlungen kein Spaziergang werden, hatte Ministerpräsident Woidke gesagt.
Nachdem in insgesamt sieben Arbeitsgruppen zwei Wochen lang beraten worden war, treffen sich die Vertreter der Parteien seit vergangener Woche wieder in großer Runde. Was letztlich im Koalitionsvertrag stehen wird, hängt nicht zuletzt von den Finanzen ab. Die Verhandlungen sollten eigentlich Mitte Oktober beendet sein - doch eine mögliche Reserve bis Ende des Monats ist schon vereinbart. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass bis Weihnachten keine neue Regierung steht, müssten innerhalb von 70 Tagen Neuwahlen angesetzt werden.