Landtagswahl 2019 - SPD gewinnt Brandenburg-Wahl knapp vor der AfD
SPD, CDU und Linke erzielen bei der Landtagswahl in Brandenburg historisch schlechte Werte. Dennoch bleibt die SPD nach Auszählung aller Wahlkreise stärkste Kraft - vor der AfD, die ihr Ergebnis fast verdoppelt. Es wird ein neues Regierungsbündnis geben.
Die rot-rote Landesregierung in Brandenburg ist abgewählt. Zwar bleibt nach Auszählung aller Wahlkreise die SPD stärkste Kraft im Land, doch sowohl die Sozialdemokraten als auch die Linke haben bei der Landtagswahl am Sonntag deutlich an Stimmen verloren, für ein Zweierbündnis reicht es nicht mehr.
Die SPD kommt auf 26,2 Prozent der Stimmen, das sind fast sechs Prozentpunkte weniger als bei der Wahl 2014 und das bislang schlechteste Ergebnis der Sozialdemokraten im Land. Die aktuell noch mit der SPD regierende Linke erreicht nur noch 10,7 Prozent der Stimmen - ebenfalls das schlechteste Ergebnis seit 1990.
AfD kann Ergebnis fast verdoppeln
Große Gewinnerin des Abends ist die AfD: Sie konnte ihr Ergebnis gegenüber der letzten Landtagswahl fast verdoppeln und ist mit 23,5 Prozent zweitstärkste Partei. Deutlich verloren hat hingegen die CDU: Sie kommt auf 15,6 Prozent der Stimmen, ein Minus von 7,4 Prozentpunkten und ihr bislang schlechtestes Ergebnis im Land.
Die Grünen hingegen legten um mehr als vier Prozentpunkte zu und kommen auf 10,8 Prozent. Das ist ihr bestes Ergebnis nicht nur in Brandenburg, sondern überhaupt in einem ostdeutschen Flächenland. Die BVB/Freien Wähler schaffen mit 5 Prozent den Einzug in den Landtag, die FDP hingegen scheitert trotz Zugewinnen mit 4,2 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Tierschutzpartei kam auf 2,6 Prozent, die anderen kleinen Parteien blieben unter einem Prozent.
Die Wahlbeteiligung stieg von 47,9 Prozent vor fünf Jahren auf 61,3 Prozent. Fast ein Viertel der Wähler (23,1 Prozent) stimmte per Briefwahl ab.
SPD will am Montag über Sondierungsgespräche entscheiden
Die SPD will am Montag über den Fahrplan für die Sondierungsgespräche mit den anderen Parteien entscheiden. "Dabei geht es um die Frage, ob zuerst mit dem langjährigen Koalitionspartner Die Linke oder mit der CDU als drittstärkster Kraft verhandelt wird", sagte SPD-Generalsekretär Erik Stohn. Gespräche mit der AfD, die zweitstärkste Kraft wurde, hatte die SPD von vorneherein ausgeschlossen.
Viel Zeit für langwierige Koalitionsverhandlungen haben die Parteien nicht. Nach seiner Konstituierung Ende September muss der neue Landtag dann innerhalb von drei Monaten einen Ministerpräsidenten wählen. Schafft er das nicht, gibt es Neuwahlen.
Wie die Parteien ihr Ergebnis aufnehmen
Woidke will Ministerpräsident bleiben
Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) hat bereits angekündigt, Regierungschef bleiben zu wollen. "Ich stehe bereit, für das Land weiter Verantwortung zu tragen", sagte er bei Phoenix. Er erwartet eine schwierige Regierungsbildung. Sorge mache ihm das Ergebnis der AfD, so Woidke.
Die Brandenburger AfD hat nach den Worten ihres Spitzenkandidaten Andreas Kalbitz das selbstgesteckte Ziele von "20 plus x" erreicht. "Nun ist es an den anderen Parteien zu zeigen, wie weit es her ist mit ihrem Demokratieverständnis, wenn man allen Ernstes glaubt, ein Viertel der Menschen ausgrenzen zu können", sagte er hinsichtlich der Ankündigung der anderen Parteien, nicht mit der AfD zusammenarbeiten zu wollen.
Betroffenheit bei CDU-Spitzenkandidat Ingo Senftleben: "Wir haben nicht das erreicht, was wir erreichen wollten", räumte Senftleben im Ersten ein. "Und ich trage dafür grundsätzlich die Verantwortung."
Tief enttäuscht zeigten sich auch Kathrin Dannenberg, Spitzenkandidatin der brandenburgischen Linken. Das Ergebnis sei bitter. Die Linke habe mit ihren Inhalten zur sozialen Frage und sozialen Spaltung die Menschen zu wenig ereicht. "Wir haben Politik von oben gemacht", räumte sie ein.
Grünen-Spitzenkandidat Benjamin Raschke hingegen freute sich "über das beste Ergebnis, was wir jemals in Brandenburg hatten". Die Grünen seien für eine Regierungsbeteiligung bereit. Freude auch bei BVB/Freie Wähler: Das Ergebnis sei "eine Bestätigung unserer Sacharbeit in den letzten Jahre", so Spitzenkandidat Péter Vida.
Warum die Fünf-Prozent-Hürde nicht immer greift
Wahlberechtigt waren alle deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger ab 16 Jahren, die im Land Brandenburg ihren Hauptwohnsitz haben. Jeder Wähler hatte bei der Landtagswahl zwei Stimmen: Die Erststimme gab er einem Kandidaten direkt in seinem Wahlkreis; dieser Direktkandidat soll im Landtag auch die Interessen der Region vertreten. Mit der Zweitstimme entschied sich der Wähler für die Landesliste einer Partei und bestimmte damit, wie viele Sitze die Partei im Landtag erhält.
In Brandenburg gilt für den Landtag die Fünf-Prozent-Hürde: Nur Parteien, die mindestens fünf Prozent der Wählerstimmen erringen konnten, können in den Landtag einziehen. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wenn eine Partei oder Vereinigung ein Direktmandat erringt, wird ihr Anteil an den Zweitstimmen auch berücksichtigt, obwohl die Partei oder Vereinigung weniger als fünf Prozent gewonnen hat. Dadurch konnten die Freien Wähler bereits nach der Landtagswahl 2014 Abgeordnete in den Landtag in Potsdam entsenden, obwohl sie damals nur 2,7 Prozent der Wählerstimmen erhielten.
Direktmandat - Überhangmandat - Ausgleichsmandat
Insgesamt setzt sich das brandenburgische Parlament seit der Wende in der Regel aus 88 Abgeordneten zusammen. Die Hälfte von ihnen wird als Direktkandidaten in den Wahlkreisen gewählt. Die übrigen Abgeordneten werden nach dem Prinzip der Verhältniswahl aus den Landeslisten der Parteien gewählt.
Gewinnt eine Partei mehr Direktmandate in den Wahlkreisen als ihr nach der Zweitstimme zustehen würden – sogenannte Überhangmandate –, kann das zu Ausgleichsmandaten für die anderen Parteien im Landtag führen. In Brandenburg gilt dies aber erst, wenn eine Partei mehr als zwei Überhangmandate gewinnt.
Bürgermeisterwahlen in 30 Städten und Gemeinden
Neben der Landtagswahl wurden am Sonntag in 30 Städten und Gemeinden in Brandenburg auch die Bürgermeister neu gewählt. Um zu gewinnen, müssen die Kandidaten mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen erhalten. Außerdem muss der jeweilige Kandidat oder die jeweilige Kandidatin ein Quorum von mindestens 15 Prozent der wahlberechtigten Personen errreichen.
Schafft keiner der Bewerber die erforderliche Mehrheit, gehen die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen in eine Stichwahl. Die Stichwahlen sind je nach Wahlort für den 15. oder 22. September angesetzt.
Sendung: Brandenburg aktuell, 01.09.2019, 19.30 Uhr