Koalitionsverhandlungen in Brandenburg - Rot-Schwarz-Grün einigt sich bei der Polizei
Bei den Koalitionsgesprächen in Potsdam ging es am Samstag um Inneres. Während der Streit um die dauerhafte Kennzeichenerfassung auf Brandenburger Autobahnen vertagt wurde, einigte sich die Verhandlungsrunde bei der Polizei.
In Brandenburg soll es künftig einen Polizei-Beauftragten und eine Polizei-Beschwerdestelle für Bürger geben. Darauf haben sich die möglichen Koalitionspartner von SPD, CDU und Bündnisgrünen bei ihren Verhandlungen in Potsdam geeinigt. Außerdem soll die Zahl der Stellen bei Polizei und Justiz deutlich steigen.
Die geplante Polizei-Beschwerdestelle für Bürger sei kein Misstrauensvotum gegen die Brandenburger Beamten, so Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Es gehe vor allem um mehr Transparenz. Zudem soll sich der neue Polizeibeauftragte im Landtag speziell um die Belange der Polizeibeamten kümmern und auch einen jährlichen Bericht vorlegen.
Zahl der Polizisten soll um 300 erhöht werden
Brandenburger Polizisten selbst sollen laut rot-schwarz-grüner Vereinbarung künftig im Einzelfall beantragen können, dass sie bei Einsätzen nicht mehr namentlich gekennzeichnet werden – wenn eine konkrete Bedrohung vorliegt. Dies sei auch aus ihrer Sicht eine angemessene Lösung, so Grünen-Verhandlungsführerin Ursula Nonnemacher.
Zudem will eine mögliche Kenia-Koalition die Zahl der Stellen bei der Brandenburger Polizei im Laufe der nächsten fünf Jahre von derzeit rund 8.200 auf 8.500 erhöhen; mehr Justizpersonal soll die oft langen Verfahrenszeiten an den Gerichten deutlich verkürzen. Außerdem wollen SPD, CDU und Grüne die zuletzt eingeführte Retterprämie für ehrenamtliche Brand- und Katastrophenschützer beibehalten und falls möglich ausweiten – dabei gehe es nicht nur um die Höhe der Prämie, so SPD-Chef Woidke, sondern auch um weitere Personengruppen, die dafür in Frage kämen. Ob und welche Vorhaben finanzierbar sind, das will die Verhandlungsgruppe bis zum kommenden Wochenende ausloten.
Aufnahme von 200 Flüchtlingen jährlich
Grünen-Fraktionschefin Nonnenmacher gab außerdem bekannt, dass Brandenburg künftig 200 Flüchtlinge pro Jahr aus humanitären Gründen aufnehmen wird. "Wir haben uns auf zwei sehr ambitionierte Programme verständigt", sagte Nonnemacher nach der Verhandlungsrunde zur Innen- und Flüchtlingspolitik in Potsdam. Diese Programme sollen in Zusammenarbeit mit dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen und den Kirchen umgesetzt werden. In diesem Jahr hat in Brandenburg bereits die Aufnahme von mehr als 70 bedrohten und traumatisierten Jesidinnen aus dem Irak begonnen.
Koalitionsrunde vertagt Streit über "KESY"
Einer der Haupt-Streitpunkte wurde derweil vertagt: die dauerhafte Kennzeichenerfassung ("KESY") auf Brandenburger Autobahnen. Hier soll zunächst ein Urteil des Landesverfassungsgerichts und ein Gutachten der Landes-Datenschutzbeauftragten Dagmar Hartge abgewartet werden. Das teilte Grünen-Fraktionschefin Ursula Nonnemacher nach der Verhandlungsrunde mit.
Die SPD sieht in "KESY" ein wichtiges Hilfsmittel für die Brandenburger Polizei, um Straftaten aufzuklären. Die Grünen wollen die automatische Erfassung stoppen. Die Piratenpartei hat gegen das Projekt Klage beim Landesverfassungsgericht eingereicht.
Bis nächste Woche soll der Koalitionsvertrag stehen
Am vergangenen Montag waren die Gespräche in die entscheidende Phase gegangen. Nachdem die Fachpolitiker zwei Wochen lang in sieben Arbeitsgruppen diskutiert hatten, kommen SPD, CDU und Grüne seitdem wieder täglich in der großen Verhandlungsrunde zusammen. Zuletzt ging es unter anderem um Arbeit, Gesundheit und Soziales, um Schulen und Kitas sowie um die Stärkung der Regionen durch sogenannte Regionalkoordinatoren.
In der kommenden Woche will Rot-Schwarz-Grün die Gespräche abschließen. Dann entscheiden die drei Parteien, ob ihre Vereinbarungen finanzierbar sind und stimmen getrennt über einen Koalitionsvertrag ab.
Sendung: Inforadio, 12.10.2019, 17.00 Uhr