Kommentar | Konstituierende Landtags-Sitzung - Mit dem Kopf durch die Wand
Die Alterspräsidentin der AfD, Spring-Räumschüssel, eröffnete die erste konstituierende Sitzung des Brandenburger Landtags mit einer Rede, die die SPD als "unwürdig" bezeichnete. Besser machte es da die neu gewählte Präsidentin Liedtke, kommentiert Hanno Christ
Die Rede der Alterspräsidentin der AfD, Marianne Spring-Räumschüssel, war eine Frechheit - eine Frechheit für alle, die eben nicht die Haltung der AfD teilen. "Unwürdig" hörte man aus den Reihen der SPD. Spätestens, als sie die anti-pluralistische Rede ihres Vorgängers Alexander Gauland vor fünf Jahren als "großartig" bezeichnete, ging ein Raunen durch den Saal, rutschten einige Abgeordnete nervös auf ihren Stühlen hin und her.
In wenigen Minuten den ersten Ordnungsruf erteilt
Genau diese Menschen jenseits der AfD aber hätte die Alterspräsidentin mit ihrer Rede erreichen müssen. Stattdessen wurde sie für parteipolitische Zwecke genutzt und einmal mehr zu einem Aushängeschild dafür, wie die AfD Demokratie in ihrem Sinne deutet. Nach den Worten der 73-Jährigen stoße "die repräsentative Demokratie an ihre Grenzen", die politische Debatte werde durch Vorgaben der politischen Korrektheit vergiftet, der Wählerwille werde bei der Regierungsbildung missachtet.
Dass es bei "politscher Korrektheit" auch um Anstand geht, und bei einer Regierungsbildung nicht nur um nackte Zahlen und Mehrheiten, sondern auch um Inhalte, spielt für sie offenbar keine Rolle. Wer Demokratie so deutet, in dessen Augen muss sie tatsächlich nicht richtig funktionieren.
Die AfD propagiert gerne, "für das Volk" zu sprechen und missachtet dabei, dass Dreiviertel dieses "Volkes" ihre Meinung offenkundig nicht teilen. Dass sie in den wenigen Minuten ihrer Rede sogar einen Ordnungsruf erteilte, spricht für sich - und für den Ton, den die AfD anschlägt.
Liedtke macht es vor
Wie man es besser macht, zeigte sich an der Rede der neuen Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke. Die SPD-Frau griff niemanden an, warb in ruhigem, sachlichen Ton für ein transparentes, bürgernahes Parlament, in dem der Streit geübt und nicht verbannt werden solle. Sie sehe, dass sehr unterschiedliche Parteien im Parlament sitzen. Das aber sei für sie nicht nur Herausforderung, sondern auch Chance. Sie hat sie genutzt. Die AfD hat sie dagegen einmal mehr vertan und damit einen Vorgeschmack geliefert auf künftige Debatten.
Nach der Wahl von Ulrike Liedtke gab es stehende Ovationen von allen Fraktionen - bis auf die AfD. Als der zu diesem Zeitpunkt noch nicht gewählte Vize-Präsidentschaftskandidat Andreas Galau aufstehen wollte, wurde er von Fraktionskollegen wieder runtergezogen. So viel zum Mangel an Meinungsfreiheit, den die AfD immer wieder beklagt.
Das Zeichen, das von diesem Landtag in den nächsten Jahren ausgehen muss, ist der Wille, ein Land versöhnen und nicht spalten zu wollen. Denn das hat Brandenburg bitter nötig. Es sieht so aus, als müssten die Anderen diese Arbeit leisten. Die AfD fällt dafür aus.