Sonderparteitag in Bernau - Grünen-Delegierte stimmen für Kenia-Koalition
Mit deutlicher Mehrheit haben die Delegierten des Grünen-Sonderparteitags in Bernau für den rot-schwarz-grünen Koalitionsvertrag gestimmt. Jetzt steht noch das Urwahl-Ergebnis der 2.000 Parteimitglieder aus. Dieses wird in gut einer Woche erwartet.
Ein Sonderparteitag der Brandenburger Grünen hat mit großer Mehrheit für die geplante Regierungskoalition mit SPD und CDU in dem Bundesland gestimmt. Für den Leitantrag des Vorstands zur Annahme des Koalitionsvertrags stimmten am Samstag in Bernau 79 der 97 Delegierten. Das waren 81,4 Prozent Ja-Stimmen. 15 Delegierte stimmten dagegen (15,5 Prozent). Drei Delegierte enthielten sich (3,1 Prozent).
Damit ist bei den Grünen aber noch nicht über die Annahme des Koalitionsvertrags entschieden. Die endgültige Entscheidung treffen die knapp 2.000 Mitglieder in einer Urwahl bis zum kommenden Samstag. Das Ergebnis soll am 18. November verkündet werden.
Auch Baerbock hatte für Kenia geworben
Die Grünen-Bundesvorsitzende und Brandenburger Bundestagsabgeordnete Annalena Baerbock hatte zum Auftakt des Parteitags mit einer kämpferischen Videobotschaft für die geplante Kenia-Koalition geworben. "Es ist wichtig, dass gerade in einer Braunkohleregion Bündnisgrüne mit in der Verantwortung stehen, um den Kohleausstieg mit zu gestalten", sagte sie am Samstag in ihrer Botschaft an die Delegierten.
Dies unterstrich auch die Grünen-Verhandlungsführerin und Fraktionschefin Ursula Nonnemacher. "Durch uns gibt es keine neuen Tagebaue, keine Erweiterung von Tagebauen und keine Umsiedlung von Dörfern mehr", sagte sie in ihrer Rede. "Mit einem weiteren Tagebau ist diese Koalition sofort beendet."
Selbstverständlich seien die Grünen auch Kompromisse eingegangen, räumte Nonnemacher ein. So gebe es weiterhin kein Klagerecht von Tierschutzverbänden, keine Fortschritte bei der Entkriminalisierung von Cannabis und kein umfassendes Transparenzgesetz, das Verwaltungsakten der Behörden öffentlich einsehbar machen würde. "Aber Kompromisse sind kein Verrat, sondern Voraussetzung dafür, dass Demokratie überhaupt möglich ist", betonte sie.
Den deutlichsten Widerspruch gegen die Kenia-Koalition formulierte der Delegierte Eberhard Müller aus Oberhavel. Bei den Klimazielen hätten die Grünen im Koalitionsvertrag wenig erreicht, kritisierte er. Außerdem gebe es kein Beschleunigungsprogramm für die Windenergie, sondern nur Bremsen in den Vereinbarungen. "Ich stimme daher gegen den Koalitionsvertrag", sagte er.
Kritik kam auch von Gerrit Prange, der für die Grüne Jugend sprach. "Was soll ich der Bewegung Fridays for Future sagen?", fragte er. "Womöglich sind wir nicht alt genug, um zu verstehen, warum wir eine Kröte nach der anderen schlucken müssen." Prange sprach sich aber nicht explizit gegen die Koalition aus. Ein Änderungsantrag der Grünen Jugend, demzufolge der Parteitag den Mitgliedern keine Empfehlung für die Urwahl geben sollte, fand keine Mehrheit. Dafür stimmte nur ein Dutzend der Delegierten.
CDU und SPD legen sich nächste Woche fest
In der laufenden Urwahl entscheiden die Parteimitglieder auch über die vom Vorstand vorgeschlagene Besetzung von zwei Ministerien: Die Fraktionschefs Ursula Nonnemacher und Axel Vogel sollen das Ministerium für Gesundheit und Soziales beziehungsweise das Agrar- und Umwelt-Ministerium leiten.
Bei der CDU läuft die Mitgliederbefragung bereits seit Anfang November. Bis zum 13. November kann abgestimmt werden, bevor das Ergebnis auf einem Parteitag verkündet wird. Die SPD wird einen Tag vorher auf einem außerordentlichen Parteitag über die Annahme des Koalitionsvertrags entscheiden. Die Wiederwahl von Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im Landtag ist für den 20. November geplant.
SPD, CDU und Grüne hatten sich Ende Oktober, knapp acht Wochen nach der Landtagswahl, auf einen Koalitionsvertrag geeinigt.
Sendung: Brandenburg aktuell, 09.11.19, 19:30 Uhr