rbb|24-Blog | Inflation - Wie der Erbseneintopf zu Dosengold wurde
Wertanlage im Vorratsschrank? Konserven-Essen hat sich in diesem Jahr teils dramatisch verteuert. Trotzdem hat nicht jeder Hamsternde nun haltbare Blechschätze zu Hause. Von Wanda Bleckmann, Sophia Mersmann, Haluka Maier-Borst
Tief Durchschnaufen an der Supermarktkasse, so geht es vielen in Zeiten der Inflation. Aber wie viel teurer der Einkauf ist, hängt auch davon ab, wer man ist und was man isst. rbb|24 begleitet darum drei Menschen aus Berlin und Brandenburg, die sehr unterschiedlich einkaufen - und schaut sich an, wie und wieso die Inflation bei jedem einzelnen so anders sichtbar wird.
Erbseneintopf aus der Dose, das klingt nicht nach Luxus-Essen. Ananas aus der Dose auch nicht. Und doch gehören beide aktuell zu jenen Lebensmitteln, die sich in diesem Jahr überdurchschnittlich verteuert haben.
Über 20 Prozent mehr kostet die durchschnittliche Dosensuppe im Vergleich zum Jahresanfang laut Statistischem Bundesamt. Die Inflation für den durchschnittlichen Warenkorb beträgt dagegen etwa 15 Prozent.
So gesehen haben Leute, die Dosensuppen zum Anfang des Jahres gekauft haben, ein Schnäppchen gemacht, oder andersherum betrachtet bekommen Leute, die jetzt Haltbares kaufen, die Inflation besonders stark zu spüren. Unter unseren drei Einkäufer:innen müsste das vor allem Julia sein, da sie nicht nur vegetarisch einkauft, sondern auch viel Haltbares. Dennoch macht sich bei ihr die Inflation nicht so extrem zu bemerkbar, wie man meinen müsste. Denn Dosenessen ist eben nicht gleich Dosenessen.
Fangen wir zunächst mit der offensichtlichsten Frage an: Was genau macht Essen aus der Dose so viel teurer? Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) verweist dabei vor allem auf die Verteuerung der Verpackung als Hauptgrund. Die Preise von Aluminium und Weißblech hätten sich in den letzten Jahren massiv gesteigert. Vergleicht man das Preisniveau von 2020 mit dem von 2022, so gab es zeitweilig mehr als eine Verdoppelung.
Das lag laut BVE zum einen daran, dass die Bevölkerung mehr Dosenessen als Reaktion auf die Krisenzeiten gekauft hat. Zum anderen waren etwa für Aluminium die Lieferketten unterbrochen durch die Pandemie und schließlich den Krieg in der Ukraine. 2019 gehörten nämlich sowohl China als auch Russland zu den zehn größten Exporteuren von Aluminium.
Aber nicht alles aus der Dose ist teurer geworden
Diese Schwierigkeiten und die entsprechenden Verteuerungen kämen nun mit einiger Verzögerung bei den Kunden an, weil viele Verträge in diesem Bereich weit im voraus geschlossen worden seien, erklärt Oliver Numrich vom BVE. Er sagt: "Die Tatsache, dass immer noch Containerschiffe sich quasi vor den chinesischen Häfen stapeln wegen der harten Quarantäne-Politik, lässt vermuten, dass diese teure Phase auch erstmal anhält."
Aber die teuren Preise fürs Blech alleine können nicht als Erklärung ausreichen. Denn während besagter Erbseneintopf deutlich teurer geworden ist, gilt das für Erbsen aus der Dose nicht. Die haben sich nämlich "nur" um knapp 16 Prozent verteuert seit Jahresanfang. Ähnliches gilt auch für Gurken und Sauerkraut aus der Dose.
Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen: Beim Dosen-Essen spielt zusätzlich eine Rolle, wie aufwendig es hergestellt wurde oder ob dafür weite Transportwege nötig waren. Bei Erbsen ist beides nicht der Fall, die Erbsensuppe muss aber immerhin erst einmal mit Hitze gekocht werden. Entsprechend spielen die Energiekosten bei der Herstellung eine Rolle. Darum ist auch der Preis für Pizza aus der Tiefkühltruhe massiv angestiegen.
Auf ähnliche Weise lässt sich wohl auch erklären, warum die Dosen-Ananas so viel teurer geworden ist. Die muss zwar nicht energieintensiv hergestellt werden, aber aus fernen Ländern importiert werden - und das ist ebenfalls inzwischen teurer geworden.
Es klingt entsprechend etwas absurd, aber selbst kulinarisch durchaus fragwürdige Gerichte wie Erbseneintopf oder Pizza Hawaii könnten künftig echte Luxusgüter werden. Für unsere vegetarische Dosenfreundin Julia sind das grundsätzlich gute Nachrichten. Zwar mag der Dosenmais, den sie kauft, inzwischen deutlich teurer sein - Konserven mit Erbsen und Möhren sind aber nicht so stark im Preis gestiegen.
Sendung: rbb24 Abendschau, 29.11.2022, 19:30 Uhr