Flussbad Berlin - Bislang sechs Millionen Euro für einen Traum mit unsicherer Perspektive

Fr 01.07.22 | 06:02 Uhr | Von Torsten Mandalka, rbb24 Recherche
Besucher stehen vor einer Schautafel (Quelle: dpa/Paul Zinken)
Audio: rbb24 Inforadio | 01.07.2022 | Thorsten Mandalka | Bild: dpa/Paul Zinken

Der Spreekanal an der Museumsinsel als öffentliches Schwimmbecken: Diese Idee ist faszinierend für viele Berliner und Besucher. Die Steuerzahler hat das bislang gut sechs Millionen Euro gekostet - obwohl das Projekt immer noch in den Sternen steht. Von Torsten Mandalka

Ins Wasser gleiten von einem Steg im Schatten der Museumsinsel. Oder ein Sprung ins kühle Nass direkt von der Freitreppe vor dem Stadtschloss in der Mitte Berlins: Rund 500 Mitglieder des Vereins Flussbad Berlin machen sich für diese Idee stark, seit 2017 mit offizieller Unterstützung des Berliner Abgeordnetenhauses. Die öffentliche Hand hat sich auch finanziell für das Projekt engagiert: Wie jetzt bekannt wurde, sind bereits knapp sechs Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln geflossen.

Dabei handelt es sich um Zuwendungen an den Flussbad-Verein zum Zweck der Vorplanung und der Öffentlichkeitsarbeit. Die Summe geht aus der Antwort des Senats auf eine parlamentarische Anfrage des FDP-Abgeordneten Felix Reifschneider hervor, die rbb24 Recherche exklusiv vorliegt. Die Gelder wurden seit 2015 an den Verein ausgezahlt, die Auszahlung einer weiteren beantragten guten Million Euro steht noch aus. Beinahe eine Million Euro ist allein für Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen.

Realisierung der Flussbad-Idee ist unsicher und teuer

Doch das Projekt Flussbad Berlin ist sensibel - nicht nur, weil die Wasserqualität im Spreekanal für einen Badebetrieb bisher nicht ausreicht. Zwar hat der Verein Flussbad Berlin inzwischen Ideen, Konzepte und eine Studie zur Wasserreinigung vorgelegt. Ob das alles allerdings umsetzbar ist, bleibt umstritten. Kritik an dem Projekt gibt es unter anderem auch, weil die Museumsinsel als UNESCO-Weltkulturerbe durch eine Badenutzung in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Auch Sicherheitsaspekte stehen einem Badebetrieb bisher entgegen.

Die Schätzungen für den Kostenaufwand bis zur Realisierung schwanken zwischen 69 und weit über 100 Millionen Euro. Berliner Abgeordnetenhaus und Senat unterstützen das Projekt zwar, ein erforderliches Planfeststellungsverfahren ist aber ausweislich der Angaben aus der parlamentarischen Anfrage noch lange nicht in Sicht. "Es wird von einem Umsetzungszeitraum bis 2034 ausgegangen", heißt es von Seiten des Senats.

Grafik des geplanten Projekts (Quelle: Flussbad Berlin)Das Flussbad soll direkt an der Museumsinsel angelegt werden

Künstlich am Leben gehalten

Das Flussbad sei ein vom Senat künstlich am Leben gehaltenes Projekt, sagt FDP-Mann Reifschneider. Die Regierungsparteien müssten die politische Grundsatzfrage klären: "Sollen am Ende 50 bis 100 Millionen Euro dafür in die Hand genommen werden, an der Museumsinsel zu baden?", so der parlamentarische Fragesteller.

Auch die anderen Oppositionsparteien sind skeptisch: Das Flussbad sei zwar charmant, aber ein typisches Schönwetter-Vorhaben und passe nicht in die Zeit, heißt es von Seiten der AfD. Und die CDU lässt sich mit der Aussage zitieren: "Angesichts der bereits investierten Summen und möglicher Kostenschätzungen für die Zukunft scheinen die bisherigen Fortschritte eher dürftig zu sein."

Teuer aber beispielhaft

Zu aufwendig, zu teuer, vorbei an den Bedürfnissen der Berlinerinnen und Berliner – solche Bewertungen sind inzwischen auch aus Senatskreisen und aus den Regierungsfraktionen zu hören. Offiziell aber bleiben jedenfalls Grüne und Linkspartei bei Ihrer Unterstützung.

Für die Grünen- Abgeordnete Daniela Billig ist das Flussbad auch jenseits einer Badenutzung ein beispielhaftes Pilotprojekt zur Renaturierung von Berliner Gewässern. Und die Linkspartei ließ wissen, dass sie gegenüber Großprojekten und möglichen Kostensteigerungen sehr kritisch sei. Das Anliegen, mit dem Flussbad das Baden in der Spree wieder zu ermöglichen und damit das Wasser der Stadt den Menschen zurückzugeben, bleibe aber richtig. Die SPD-Fraktion ließ eine rbb-Anfrage zum Thema unbeantwortet.

Sendung: rbb24 Inforadio, 01.07.2022, 06 Uhr

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