Interview | Staatssekretär Sebastian Scheel - "Airbnb soll uns einfach die Daten geben"
Der Senat lehnt das Kooperationsangebot von Airbnb ab und erwartet, dass keine Angebote ohne Registriernummer veröffentlicht werden. Beim Vorgehen gegen Airbnb könne man auch von Al Capone lernen, sagt der Wohnen-Staatssekretär Sebastian Scheel im rbb-Interview.
rbb|24: Herr Scheel, unsere Recherche hat gezeigt, dass 90 Prozent der aktiven Airbnb-Inserate keine Registriernummer haben. Jetzt hat Airbnb – auch als Reaktion auf die Recherche - sein Kooperationsangebot erneuert. Wie reagieren Sie darauf?
Sebastian Scheel: Wir werden uns nicht darauf einlassen mit Airbnb ein gemeinsames Portal zu gründen, geschweige denn, Steuerzahlungen darüber abzuwickeln. Das ist schon rechtlich problematisch aber in der Sache auch falsch. Wir können nicht mit einem Betreiber eine Verabredung treffen, sondern wir brauchen eine grundlegende Regelung, die die Daten offenlegt. Wenn Airbnb dazu bereit wäre, dann wären wir schon glücklich.
Sie haben ja schon einmal solche Gespräche geführt. Was hatte Airbnb angeboten?
Airbnb wollte, dass über dieses Portal dann auch gleich die Genehmigungen erfolgen soll. Das können und wollen wir nicht, denn das wäre natürlich eine Andersstellung eines Portalbetreibers. Wir erwarten von Airbnb, dass sie sich als großer Anbieter nach den Gesetzen des Landes Berlin richten und dementsprechend mitwirken. Das wiederum bedeutet, dass sie eine Registriernummer verpflichtend in ihre Angebote mit reinnehmen oder andersherum keine Angebote aufnehmen, die keine Registriernummer haben. Sollte es Grund zu der Annahme geben, dass Zweckentfremdung vorliegt, dann erwarten wir auch von Airbnb, dass sie die Daten der jeweiligen Nutzer herausgeben.
Warum wollen Sie das Genehmigungsverfahren nicht über ein solches Portal abwickeln?
Der Staat hat die Aufgabe, die Bewertung vorzunehmen, ob hier Genehmigungstatbestände vorhanden sind oder eben nicht. Das können wir nicht einfach irgendeiner Software überlassen oder Airbnb. Wir brauchen eine grundsätzliche Lösung, die es dem Land Berlin erlaubt die Zweckentfremdung richtig zu verfolgen.
Was werden Sie Airbnb konkret antworten? Werden Sie sich zusammensetzen und über das Angebot sprechen?
Wir antworten auf jeden Brief, auch auf diesen natürlich. Unsere Bedingungen sind ja relativ klar. Und wenn Airbnb bereit ist, darauf einzugehen, dann setze ich mich auch gerne nochmal mit ihnen zusammen. Aber sie sollen uns einfach die Daten geben und dann brauchen wir uns auch nicht zusammensetzen.
Senatorin Katrin Lompscher hat im rbb gesagt, dass Berlin gemeinsam mit anderen Städten auf EU-Ebene auf das Problem aufmerksam macht. Welches Ziel verfolgt das Land Berlin in Brüssel?
Hier geht es darum, einen Rechtsrahmen zu schaffen, der Airbnb quasi zwingt sowohl die Registriernummer anzugeben, als auch auskunftspflichtig zu sein. Es wird aber auch darum gehen, dass wir, die Städte, die besonders betroffen sind, bei der Europäischen Kommission vorstellig werden und einfordern, dass die Europäische Union ihr Gewicht in die Waagschale legt, dass das gesprochene Recht natürlich auch umgesetzt wird.
Das Bundeswirtschaftsministerium hat im September ein Gutachten [externer Link] zur Sharing Economy vorgelegt. Die Quintessenz war, dass die Effekte von Airbnb und Co. auf den Verlust von Wohnraum nicht richtig groß sind. Wünschen Sie sich mehr Unterstützung durch die Bundesregierung?
Alle, die sich mit der Thematik auseinandersetzen - und das sind ja einige Städte in Deutschland, die davon betroffen sind - können nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen, was dort aufgeschrieben wurde. Wir haben durch das Zweckentfremdungsverbotsgesetz schon mehr als 4.500 Wohnungen dem Wohnungsmarkt zurückgeführt. Das ist kein kleines Phänomen und wir haben eine riesige Dunkelziffer, die es immer noch zurückzuführen gilt.
Insofern finde ich schon sehr abenteuerlich, zu welchen Ergebnissen das Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums gekommen ist. Natürlich werden wir auch mit dem Bund gemeinsam versuchen, Wege zu finden. Da geht es ja auch um die Frage nach Steuern. Also ich sage mal, mit den Finanzämtern kann man ganz gut zusammenarbeiten, das hat ja auch schon Al Capone gezeigt.
Um eine Registriernummer zu erhalten, müssen Homesharer eine Genehmigung des Vermieters vorlegen. Das frustriert viele Gastgeber, weil dadurch das Homesharing defacto unmöglich wird. Können Sie deren Frust nachvollziehen?
Ich kann das nachvollziehen, aber auf der anderen Seite ist es auch ein Schutz der Mieter vor sich selbst, weil wenn ich eine Mietwohnung ohne Erlaubnis meines Vermieters zeitweise an Gäste vermietet, dann ist das ein Vertragsbruch und kann zur Kündigung führen. Insofern sollte jeder und jede, die solche Angebote ins Netz stellen, sich bewusst sein, dass sie ein hohes Risiko eingehen, ihre Wohnung gänzlich zu verlieren. Wir bestehen auch deshalb darauf, diese Genehmigungen zu bekommen, damit nicht der Eindruck entsteht: So, ich habe meine Registriernummer, ich habe quasi eine staatliche Erlaubnis zur Vermietung über solche Plattformen. Diese Erlaubnis muss der Vermieter geben.
Wenn ich als Autofahrer im EU-Ausland geblitzt werde, dann bekomme ich für diese Verwaltungsübertretung auch einen Strafzettel zugeschickt. Warum schafft es die Berliner Verwaltung nicht, die Verwaltungsübertretung der Zweckentfremdung bei Airbnb in Irland durchzusetzen?
Bei der Verkehrsübertretung sind ja das Fahrzeug und der Fahrzeughalter ziemlich gut zuordenbar. Dummerweise wissen wir aber nicht, wer der Vermieter ist, weil die Daten dort in Dublin bei Airbnb Irland liegen und durch die Datenschutzregeln, die dort herrschen, leider nicht zur Verfügung stehen. In der Tat gibt es dort eine Registriernummer - nämlich das Kennzeichen - und das wollen wir ja gerne auch bei den Ferienwohnungsangeboten haben. An der Registriernummer können wir dann sehen, ob jemand das angemeldet hat, um wen es sich handelt und ob das eine Zweckentfremdung ist.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führten Robin Avram und Dominik Wurnig, rbb|24.
Sendung: Abenschau, 18.12.2018, 19:30 Uhr