Berlin und Brandenburg - Mehr als jeder dritte junge Erwachsene wohnt noch bei Eltern

Mi 05.08.20 | 15:37 Uhr
Hotel Mama: Hotelschild zeigt noch freie Doppelbetten
Bild: imago/imagebroker/begsteiger

In Berlin und Brandenburg wohnen viele junge Erwachsene noch bei ihren Eltern. Das geht aus den neuesten Zahlen hervor, die das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Mittwoch bekanntgab.

Besonders hoch ist der Anteil in Brandenburg: Hier wohnt fast jeder zweite junge Erwachsene zwischen 20 und 25 Jahren (47 Prozent) noch im Elternhaus. In Berlin sind es 36 Prozent.

Das ist ein höherer Anteil als im Bundesdurchschnitt von gut einem Viertel (28 Prozent). Insgesamt ist der Anteil in den ländlichen Regionen deutlich höher als in den Städten. In Niedersachsen etwa wohnten 2019 ebenfalls noch 47 Prozent der 20- bis 25-Jährigen bei den Eltern, im angrenzenden Hamburg 32 Prozent.

Nordeuropäer ziehen früher aus

Im EU-weiten Vergleich liegt Deutschland im Mittelfeld. Vor allem in den nordeuropäischen Ländern ziehen Kinder früh von zu Hause aus: Am frühesten werden die Schweden "flügge", mit 17,8 Jahren. Auch in Dänemark (21,1 Jahre) und Finnland (21,8 Jahre) verließen Kinder das Elternhaus vergleichsweise früh. Im Gegensatz dazu ist das Auszugsalter in den süd- und osteuropäischen Ländern vergleichsweise hoch: Junge Kroatinnen und Kroaten verlassen im Schnitt erst mit 31,8 Jahren das Elternhaus, aber auch in der Slowakei (30,9), Italien (30,1) und Bulgarien (30,0) ist der Nachwuchs noch relativ lange bei den Eltern.

Der Grund sind vor allem die unterschiedlichen finanziellen und kulturellen Rahmenbedingungen. Trotzdem haben alle EU-Länder - mit Ausnahme Luxemburgs - etwas gemeinsam: Töchter ziehen früher aus als Söhne.

Nach den deutschlandweiten Zahlen wohnten im vergangenen Jahr noch 34 Prozent der 25-jährigen Männer im Elternhaus, bei den Töchtern waren es nur 21 Prozent. Männer ziehen im Schnitt mit 24,4 Jahren aus, Frauen mit 22,9 Jahre.

Jugendfoscher: "Emanzipation der Männer ins Stocken geraten"

Der Jugendforscher Klaus Hurrelmann sieht darin einen Beleg, "dass die Emanzipation der Männer ins Stocken geraten ist". Auch Untersuchungen wie die Shell-Jugendstudie belegten diesen Trend, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. "Um das 20. Lebensjahr herum geht die Schere auseinander."

"Die jungen Frauen erzielen die besseren Bildungsergebnisse. Sie sind agiler im Umgang mit ihren Lebensherausforderungen. Sie sind selbstständiger und selbstbewusster und wollen sich deswegen früher von ihren Eltern lösen", sagte Hurrelmann weiter. Bei jungen Männer sei eher der gegenteilige Trend zu beobachten: "Sie genießen das Hotel Mama so lange sie können. Das ist angenehm, das ist bequem. Sie wollen in Deckung bleiben, so lange es geht." Dass Männer so spät von zu Hause ausziehen, ist für Hurrelmann "auch ein Zeichen von Irritation, dass Frauen so stark sind".

Das Auszugsverhalten junger Menschen hat sich in den vergangenen 20 Jahren laut Statistischem Bundesamt kaum verändert. Im Jahr 2000 lebten demnach rund 30 Prozent der 25-Jährigen mit ihren Eltern unter einem Dach, 2019 waren es - beide Geschlechter zusammengerechnet - 28 Prozent.

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