Freiwillige Selbstverpflichtung - Berliner Wirtschaft verspricht Einsparung von mindestens zehn Prozent Energie

Mo 29.08.22 | 15:45 Uhr
Zwei Menschen befinden sich noch im Büro während es nachmittags schon dunkel ist. (Quelle: dpa/Annette Riedl)
Audio: rbb24 Inforadio | 29.08.2022 | Sebastian Schöbel | Bild: dpa/Annette Riedl

Viele Betriebe treibt die Frage um, wie sie angesichts der Preisexplosion Gas oder Strom einsparen können - schon aus Eigeninteresse. Nun verpflichten sich Berliner Wirtschaftsverbände auf ein konkretes Einsparziel.

Die Berliner Wirtschaft will angesichts der Energiekrise einen messbaren Beitrag zum Sparen leisten. In einer am Montag unterzeichneten Vereinbarung mit dem Senat verpflichteten sich mehrere Wirtschaftsverbände, mindestens zehn Prozent an Energie einzusparen.

Das Ziel soll unter anderem über Einschränkungen bei der Raumtemperatur, bei Klimaanlagen und Beleuchtung erreicht werden. Zudem planen die Verbände eine Ausweitung der Beratungsangebote für Unternehmen zu den Themen Energiesparen und Energieeffizienz.

Die Gründungsmitglieder des Berliner Energiebündnisses sind - neben dem Land Berlin - der Handelsverband Berlin-Brandenburg, die Handwerkskammer, der Hotel- und Gaststättenverband, die Industrie- und Handelskammer sowie die Vereinigung der Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg.

Gasabschaltungen sollen vermieden werden

Die Selbstverpflichtung sei freiwillig, betonte die Berliner Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Man wolle Anreize zum Energiesparen setzen und nicht mit Verboten arbeiten. Die Vertreter der Berliner Wirtschaft bezeichneten das Bündnis als wichtigen Schritt, um drastische Maßnahmen wie Gasabschaltungen für bestimmte Betriebe zu verhindern.

Sollte der Bund jedoch weitergehende Maßnahmen beschließen, etwa die Abschaltung von beleuchteten Werbetafeln, werde Berlin das umsetzen, sagte der parteilose Wirtschaftssenator Stephan Schwarz.

Plan für öffentliche Gebäude steht schon

Der Senat sei mit seinem eigenen Programm vorangegangen, nun ziehe die Wirtschaft nach, ergänzte Giffey. Vor zwei Wochen hatte der Senat ein Programm zum Energiesparen in der Verwaltung und in seinen Liegenschaften aufgelegt. Mindestens zehn Prozent weniger Energie soll so in öffentlichen Gebäuden verbraucht werden.

Dafür wird in Büroräumen die erlaubte Höchsttemperatur auf 20 Grad Celsius gesenkt, in Fluren und in Treppenhäusern auf 16 Grad Celsius. Das Warmwasser wird in Verwaltungen, weiterführenden Schulen und Hochschulen abgestellt. In Schwimmbädern sind nur noch maximal 26 Grad Celsius Wassertemperatur erlaubt, beheizte Außenbecken ganz verboten. Scheint die Sonne wenig, wird das Wasser in den Becken folglich kühler als in früheren Jahren.

Wirtschaft braucht Planungssicherheit und Entlastungen

Nach den Worten des Präsidenten der Industrie- und Handelskammer (IHK) Berlin, Sebastian Stietzel, sind nahezu alle Unternehmen von starken Preissteigerungen bei Gas und Strom betroffen. Sie seien schon seit einiger Zeit dabei, Energie zu sparen - um wettbewerbsfähig zu bleiben oder sogar eine Insolvenz zu verhindern. Doch die Wirtschaft wolle mehr tun und "das Maximum rausholen".

Wichtig seien für die Wirtschaft in der aktuellen Lage Planungssicherheit und zielgenaue Entlastungen. Außerdem müsse eine Gasmangellage, in deren Folge die Gasversorgung für Unternehmen reduziert werde, unbedingt vermieden werden. Und: "Wenn es im Falle einer Mangellage die Abwägung gibt, den Arbeitsplatz zu verlieren oder eine warme Wohnung zu haben, sollte der Arbeitsplatz im Vordergrund stehen", so Stietzel.

Berliner Wirtschaftsverbände verpflichten sich auf ein konkretes Einsparziel. (Quelle: rbb/Sebastian Schöbel)

Energie für die Wettbewerbsfähigkeit das zentrale Thema

Auch aus Sicht des Präsidenten der Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB), Stefan Moschko, ist die Energie für die Wettbewerbsfähigkeit das zentrale Thema. "Jede eingesparte Kilowattstunde Gas und Strom zählt." Er forderte weniger Bürokratie und schnellere Genehmigungsprozesse, um Unternehmen etwa bei der Umstellung von Gas auf Öl zu unterstützen.

Die Präsidentin der Handwerkskammer Berlin, Carola Zarth, verwies darauf, dass viele Mitgliedsunternehmen die Preissteigerungen bei Energie nur zum Teil an die Kunden weitergeben könnten. Das sei für viele existenzbedrohend. Ein Problem bei der Bewältigung der Krise sei der schon länger bestehende Fachkräftemangel. "Der neue Backofen oder die Solaranlage müssen installiert werden." Aber dafür fehlten Fachleute.

Sendung: rbb24, 29.08.2022, 16 Uhr

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