Mietpreisbremse greift bei neuem Trend nicht - Anbieter lassen Mieter flexibel, möbliert und sehr teuer wohnen

Fr 13.05.22 | 07:05 Uhr | Von Vanessa Klüber
Symbolbild: Blick in das Wohnzimmer einer möblierten 3-Zimmer-Wohnung. (Quelle: dpa/B. Pedersen)
Video: rbb24 Abendschau | 13.05.2022 | Anna-Maria Deutschmann | Bild: dpa/B. Pedersen

In Großstädten wie Berlin trenden möblierte Mietwohnungen auf Zeit. Anbieter werben mit unkomplizierter Vermietung in angesagten Kiezen, die Preise sind hoch bis horrend. Denn die Mietpreisbremse funktioniert hier nicht richtig. Von Vanessa Klüber

Wohnungssuchende in Berlin haben es mittlerweile nicht nur mit hohen Mieten und knappem Wohnraum zu tun – noch dazu stoßen sie vermehrt nur auf zeitlich befristete Angebote. Auf Internetportalen vermitteln professionelle Anbieter wie Homelike, Coming Home oder Wunderflats möblierte Wohnungen, die dann alles inklusive teils ein Vielfaches der ortsüblichen Nettokaltmiete kosten.

Beispiele für möbliertes Wohnen

  • Kreuzberg: 5.778 €/Monat

  • Neukölln: 1.250 €/Monat

  • Schöneberg: 1.800 €/Monat

  • Mitte: 1.721 €/Monat

  • Wedding: 4.450 €/Monat

Warum zu so hohen Preisen vermietet werden kann

Die Angebote haben gemeinsam, dass die wie im Katalog eingerichteten Wohnungen unkompliziert zu mieten sein sollen, sich meistens innerhalb des S-Bahn-Rings in angesagten Kiezen befinden - und dass die Mietdauer begrenzt ist.

Deshalb zieht bei diesen Angeboten die Mietpreisbremse auch nicht. Die soll dafür sorgen, dass Mieten nicht ungebremst steigen, wirkt aber nicht für den vorübergehenden Gebrauch – sie regelt lediglich, dass bei Neuvermietung im Dauermietverhältnis höchstens zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichs-Nettokaltmiete vermietet werden darf.

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Möblierungszuschlag

Vermieter müssen sich zwar an etwa zwei Prozent des Zeitwerts – also des Nutzungswerts – der Möbel bei deren Überlassung halten, das hätten Gerichte laut Mietverein so in der Vergangenheit entschieden. Ein Beispiel [berliner-mieterverein.de]: Hat der Vermieter für 5.000 Euro kurz vor Mietvertragsbeginn die Möblierung der Wohnung vorgenommen, ergibt sich hiernach ein monatlicher Möblierungszuschlag in Höhe von 100 Euro. Je länger Möbel genutzt werden, desto wertloser werden sie demnach. Allerdings müssten Mieter dazu erst einmal eine Auskunft einholen, und das können sie erst nach Abschluss des Mietvertrags.

Für eine vorübergehende Vermietung gilt das nicht - und was eine vorübergehende Vermietung ist, ist nicht klar definiert. Es gibt nach Angaben des Berliner Mietervereins zwar Anhaltspunkte dafür, wann es sich beim Anmieten einer Wohnung um einen vorübergehenden Gebrauch handelt. Das ist der Fall zum Beispiel bei Bauarbeitern für die Dauer einer Baustelle oder für Gastprofessoren, die sich nur eine gewisse Zeit in der Stadt aufhalten. Die genaue Dauer ist aber nicht festgeschrieben.

Die hohen Mietpreise können aber auch deshalb entstehen, weil Anbieter den Preis für die Möbelnutzung nicht extra ausweisen müssen, sich die Gesamtzusammensetzung des Mietpreises also nicht direkt ergibt, wie Wiebke Werner vom Mieterverein rbb|24 erklärt.

Neuer Anbieter mit Wohnungen in Berlin

Mit der Schweizer Artisa Group und ihrem Konzept City Pop kommt jetzt ein neuer Anbieter in Berlin dazu. "City Pop wählt für den Lifestyle seiner Tribe nur die besten Locations aus", so beschreibt die Gruppe ihr Modell, mit dem sie bereits in anderen europäischen Metropolen unterwegs ist. In Mailand, Amsterdam, Paris, London, Dublin, Den Haag und Prag hat sie nach eigenen Angaben insgesamt 1.300 Wohnungen übernommen und baut sie nach ihrem Konzept um, um sie anschließend möbliert zu vermieten.

In anderen Metropolen baut die Gruppe selbst - in Deutschland hat sie ein Projekt in Frankfurt/Main und jetzt eben auch in Berlin. In der Gürtelstraße 23 in Friedrichshain soll ein Haus entstehen. Dort wollen die Macher ab Sommer 2024 möblierte Mietwohnungen zur befristeten Miete bis zu 52 Wochen anbieten – so erklärt es Sprecherin Anette von Zitzewitz rbb|24. Entstehen sollen 170 Appartments, in Serie gefertigt, alle mit dem gleichen Standard.

Die Wohnungen werden per App gebucht. Der "Check-in" soll "intuitiv" und "flexibel", das WLAN schnell und die Community aktiv sein, so dass Arbeitsalltag und Geschäftsreisen möglichst stressfrei ablaufen, heißt es in der Selbstbeschreibung in der App des Anbieters, "dank tiefgründiger Studien der Neuroarchitektur eine Optimierung der Quadratmeterzahl."

Möbliert vermieten ist Trend in deutschen Städten

City Pop oder andere Anbieter wie Homelike, Wunderflats oder Coming Home folgen mit Angeboten zu möblierten Wohnungen auf Zeit einem Trend. Einer Langzeitstudie des Immobilien-Forschungsinstituts F + B zufolge hat sich in Deutschland der Anteil von möbliertem Wohnraum in den vergangenen Jahren mit 8,3 Prozent (2014) auf 18,3 Prozent (2021) mehr als verdoppelt. Demnach ist der Anteil in den acht größten Städten in Deutschland noch höher. In Berlin stagnierte allerdings das Angebot von 2020 auf 2021 (Quelle: F+B Studie "Möblierte Wohnungen" 2021*) - hier könnte der damals geltende und dann gekippte Mietendeckel ein Grund sein.

Die bereits am Markt bestehenden Anbieter Wunderflats, Coming Home oder Homelike haben sich im Gegensatz zu City Pop auf die Vermittlung zwischen Vermietern und Mietern spezialisiert und bieten keine eigenen Gebäude zur Vermietung von möblierten Appartements.

Auskunft über die genaue Zusammensetzung des Mietpreises gibt keiner der vier, Homelike und Coming Home antworteten auf die Anfragen von rbb|24 gar nicht.

Unsere Erfahrung zeigt bisher, dass Mietende auf Zeit ganz klare Budgetvorstellungen haben und deshalb lediglich der Gesamtpreis der Miete von Interesse ist.

Jana Jones, Wunderflats

Wunderflats antwortet schriftlich zur Zusammensetzung der Kosten: "Der Ausgangspunkt der Mietpreise ist – wie im unbegrenzten, unmöblierten Wohnen auch – die ortsübliche Kaltmiete. Beim möblierten Wohnen auf Zeit kommt außerdem noch ein Möblierungsaufschlag dazu – je nach Standard der Einrichtung kann sich die Höhe des Aufschlages von Inserat zu Inserat unterscheiden."

Neben diesen Kosten seien aber auch Services, "wie zum Beispiel Internetverbindung, Reinigung, GEZ, Strom, Warmwasser, Hausmeister und weitere, zum Teil auch optional buchbare Leistungen im Gesamtpreis enthalten." Der Pauschalmietpreis werde von den Vermietenden festgelegt.

Bei genauerer Nachfrage, wie hoch der Möblierungszuschlag und sich der Preis anhand eines Beispiels genau zusammensetzt, antwortet eine Sprecherin des Unternehmens in einer weiteren Mitteilung: "Unsere Erfahrung zeigt bisher, dass Mietende auf Zeit ganz klare Budgetvorstellungen haben und deshalb lediglich der Gesamtpreis der Miete von Interesse ist."

Artisa Group: "kein Premiumprodukt"

Die Artisa Group mit City Pop hält sich bei den Preisen für Berlin noch bedeckt. Die Mietpreise stünden aktuell noch nicht fest, sagt Sprecherin von Zitzewitz auf Anfrage von rbb|24. Diese sollen aber "innerhalb der ortsüblichen Vergleichsmiete" liegen. Andernfalls könne man seine Zielgruppe nicht mehr ansprechen, da man in die Breite gehen und zum Beispiel auch Studenten ansprechen wolle. Man wolle dabei "kein Premiumprodukt im Sinne von Luxusmiete anbieten". Vielleicht entsteht hier also tatsächlich ein ernstzunehmendes Angebot für Normalverdiener ohne eigene Möbel.

Mietpreisbremse ist Bundesrecht

Den Höchstpreisen bei vielen Kurzzeitvermietungen hat die Landesregierung jedenfalls derzeit kaum etwas entgegenzusetzen, denn die Mietpreisbremse ist Bundesrecht. Die Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Petra Rohland, sagte rbb|24, Berlin habe sich vorgenommen zu prüfen, wie möbliertes Wohnen und Wohnen auf Zeit reguliert werden könnte – sie verweist aber auf die Zuständigkeit beim Bund.

Bislang seien Vereinbarungen mit Vermittlungsplattformen zu Kurzzeitvermietungen in Berlin wegen mangelndem Respekt vor den gesetzlichen Gegebenheiten nicht zu Stande gekommen, sagt Rohland. Europaweit hätten solche Vereinbarungen - zumindest mit Airbnb - nie lange gehalten.

Der Senat von Hamburg hatte deshalb im vergangenen August eine Initiative im Bundesrat gestartet. Die dortige Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen wollte erreichen, dass Vermieter den jeweiligen Möblierungszuschlag immer ausweisen müssen und dass Kurzzeit-Vermietungen nur noch bis zu einer Dauer von sechs Monaten von der Mietpreisbremse ausgenommen werden können. Bundesländer wie Bremen oder Baden-Württemberg schlossen sich der Initiative an. Allerdings nahm Hamburg den Gesetzesentwurf drei Monate später wieder von der Tagesordnung, so dass die Initiative im Bundesrat gar nicht verhandelt werden konnte.

Berlin unterstützte den Hamburger Antrag grundsätzlich, wollte aber eine Beschränkung auf drei Monate bei der Definition von Kurzzeit-Vermietung, sagte Rohland rbb|24.

Es sieht derzeit also nicht nach einer schnellen Lösung aus - und so werden sich Anbieter von möbliertem Wohnen auf Zeit wohl noch eine Weile auf dem Berliner Markt und in anderen Städten ausbreiten können.

Sendung: rbb24 Abendschau, 13.05.2022, 19:30 Uhr

*Grundlage für die Berechnung der angebotenen möblierten Wohungen für 2021 war in der F+B "Studie 'Möblierte Wohnungen' 2021" das erste Quartal 2021 - hier wurde hochgerechnet.

Beitrag von Vanessa Klüber

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