Unabhängigkeit von russischem Öl - Habeck will Raffinerie-Betrieb in Schwedt notfalls über Rostocker Hafen sichern

Mi 27.04.22 | 21:25 Uhr
In der PCK-Raffinerie GmbH wird am 25.02.2022 überschüssiges Gas in der Rohölverarbeitungsanlage verbrannt. (Quelle: In der PCK-Raffinerie GmbH wird überschüssiges Gas in der Rohölverarbeitungsanlage verbrannt. (Quelle: dpa/Patrick Pleul)
Video: rbb|24 | 27.04.2022 | Material: rbb24 Brandenburg aktuell | Bild: dpa/Patrick Pleul

Deutschland will in nur wenigen Tagen unabhängig von russischen Energielieferungen werden. Ein Ende des Betriebs der Öl-Raffinerie in Schwedt wird offenbar vorbereitet. Einen Betreiberwechsel schließt Brandenburgs Wirtschaftsminister Steinbach aus.

Deutschland rüstet sich für ein Ende des Betriebs der Öl-Raffinerie in Schwedt an der Oder (Uckermark) durch den russischen Konzern Rosneft. Man habe sich auf allen Ebenen darauf vorbereitet, dieses Problem zu lösen, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) in einer am Mittwoch per Twitter verbreiteten Video-Ansprache.

Stärkere Zusammenarbeit mit Polen geplant

Habeckt betonte, dass Rosneft kein Interesse daran habe, dass die PCK-Raffinerie durch Öl-Lieferungen aus anderen Ländern als Russland versorgt werde. Für den Fall, dass Rosneft nicht mehr die Raffinerie kontrolliere, wolle man Schwedt über den Hafen Rostock mit Öl beliefern. "Allerdings gibt es eine kritische Grenze, die nicht unterschritten werden darf, weil dann kann die Raffinerie nicht mehr betrieben werden und deswegen wäre es gut, wenn wir eine Solidarität mit Polen schaffen würden, denn wir versorgen mit der Raffinerie auch Westpolen", so Habeck. Deswegen werde jetzt mit Polen verhandelt.

Habeck zufolge werden in Schwedt die verbliebenen zwölf Prozent des russischen Anteils an den Öl-Importen verarbeitet. Die PCK-Raffinerie ist an eine Öl-Pipeline aus Russland angebunden.

Umsetzung des Betreiberwechsels noch offen

Offen ließ Habeck, wie ein Betreiberwechsel in Schwedt zustande kommen könnte. Bei seinem Besuch in Warschau hatte er am Dienstag davon gesprochen, er suche hier nach Alternativen und hoffe, diese in Tagen finden zu können.

Insgesamt sei ein Öl-Embargo gegen Russland aber jetzt schon handhabbar. Dies würde sicherlich zu höheren Preisen oder auch regionale Engpässe führen, sagte Habeck. "Aber es würde nicht mehr zu einer Vollkatastrophe führen." Man sei deutlich weiter als noch vor zwei Monaten.

Habeck bekräftigte, dass die Ölraffinerie in Schwedt künftig nicht mehr mit russischem Öl beliefert werden soll. Um das zu erreichen brauche man Kooperationspartner, sagte Habeck am Mittwoch dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb).

Minister Steinbach schließt Enteignung aus

Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD) rechnet nicht mit einem Betreiberwechsel bei der Ölraffinerie PCK in Schwedt. Wenn die Bundesregierung wirklich eine Enteignung anstrebe, könne sie russische Öl-Lieferungen nach Schwedt auch gleich aktiv sanktionieren, kritisierte Steinbach am Mittwoch in einem rbb24 spezial zur Energiekrise. Ein solcher Schritt würde von Russland sofort als unfreundlicher Akt interpretiert werden und wahrscheinlich zu einem Förderstopp führen.

"Selbst mit dem, was von der Bundesregierung gesetzgeberisch auf den Weg gebracht worden ist - die augenblickliche juristische Lage erlaubt diesen Weg nicht", so der Minister. Dieser Weg sei langwierig und vom Ausgang auch nicht hundertprozentig sicher. "Er würde in dieser Situation eher als ein provokativer Akt empfunden werden", sagte Steinbach im rbb.

Er kündigte an, stattdessen an der Umsetzung möglicher Alternativen zu arbeiten. Das werde man gemeinsam mit dem Bundeswirtschaftsministerium tun.

Brandenburgs Ministerpräsident Woidke lehnt Lieferstopp ab

Am Dienstag hatte sich Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) gegen ein plötzliches Öl- und Gas-Embargo gegen Russland ausgesprochen. Woidke verwies auf regional katastrophale Auswirkungen, die ein Lieferstopp mit sich bringen würde: "Es geht hier um 1.200 Beschäftige direkt bei der PCK-Schwedt und weitere 2.000 Menschen, die in Unternehmen arbeiten, sich auf dem Gelände befinden", betonte Woidke. Die Raffinerie sei daher das Herz und Rückrad der Wirtschaft in der Uckermark.

Sendung: rbb24 Brandenburg aktuell, 27.04.2022, 19:30 Uhr

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