Barnimer Schul-Caterer in der Krise - "Wir bluten langsam aus"
Home-Schooling heißt nicht nur zu Hause lernen, sondern auch essen. Damit brechen in der Branche der Schul-Caterer die Bestellungen ein. Ein Bio-Unternehmen aus Biesenthal (Barnim) kocht jetzt nur noch halb so viel - bei gleichem Aufwand.
Kein Unterricht und geschlossene Kantinen: Auch die Branche der Schul- und Kita-Caterer leidet unter den Corona-Beschränkungen. Wukantina ist ein Bio-Caterer in Biesenthal (Landkreis Barnim) und er war vor drei Jahren angetreten mit dem Vorhaben, frisches, gesundes und schmackhaftes Schulessen zuzubereiten. Auf Sparflamme kocht der junge Betrieb im aktuellen Lockdown trotzdem nicht.
Gleicher Aufwand bei halber Auftragslage
Sarah Apt schnippelt Unmengen Kohlrabi und Paprika. Franziska Ernst viertelt gekochte Eier und Tobias Schumann rührt am Herd der Großküche von Wukantina die Soße für das Eierfrikassee. Alle Speisen sind zu 100 Prozent Bio. "Wenn wir an der Qualität sparen, sparen wir auch an dem Geschmackserlebnis", sagt Schumann. "Wir möchten die beste Qualität für die Kinder liefern, und das ist nicht die Tiefkühl-Möhre, sondern die frische Möhre aus dem Barnim."
An den Zutaten sparen sie nicht. Gehalt zahlt Mitgründer Schumann - sich selbst nur noch die Hälfte. Denn bei aktuell etwa 130 Essen, an manchen Tagen noch weniger, ist der Betreib nicht mehr wirtschaftlich. Dafür bräuchten sie 350 Bestellungen. Doch ob 130 oder 350 Essen - der Arbeitsaufwand bliebe derselbe. So gehe die Liquidität aktuell gegen null, sagt Franziska Ernst: "Es lief gerade so, aber es lief irgendwie. Jetzt können wir die Rechnungen nicht bezahlen und müssen Kredite aufnehmen."
Branchenweit schlechte Stimmung
Wukantina ist ein kleiner Caterer. Schon der Beginn vor drei Jahren als Bio-Anbieter sei schwierig gewesen. Als weiteres Geschäftsfeld lieferten die Mitarbeiter deshalb auch für Events. Doch auch die fallen in der Pandemie aus. Laut Franziska Ernst ist Unterstützung vom Staat im derzeitigen Lockdown für das kleine Unternehmen nicht vorgesehen. "Wir liegen knapp unter den 30 Prozent an Umsatzeinbußen, die nötig sind, um die November- oder Corona-Hilfe 3 zu beziehen", sagt Ernst verzweifelt. "Wir liegen immer zwischen 25 und 29 Prozent. Für so einen kleinen Betrieb wie uns macht das einen riesigen Unterschied und wir bluten langsam aus."
Das Barnimer Unternehmen steht damit nicht alleine da. Eine Umfrage des Verbandes Deutscher Schul- und Kita-Caterer (VDSKC) unter den Mitgliedern zeigt die schlechte Stimmung in der Branche. Demnach gaben im Dezember 76 Prozent der Unternehmen für das Geschäftsjahr 2020 Umsatzeinbrüche zwischen 70 und 90 Prozent an [catering.de]. Etwa ein Drittel musste Mitarbeiter entlassen. Der Verband fordere deshalb neu geregelte Förderprogramme und eine dauerhafte Reduzierung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie.
Wunsch nach Planungssicherheit
Auch die Wukantina-Köche in Biesenthal hoffen auf baldige Schritte. Denn trotz geschlossener Schulen müssen weiterhin Lebensmittel-Bestellungen für die nächsten Wochen aufgegeben werden. Unter den derzeitigen Unsicherheiten wie es in Sachen Lockdown weitergeht, gleiche dies einem Blick in die Glaskugel, meint Anette Schmidt. "Wir müssen jetzt entscheiden, wie viel frisches Obst und Gemüse legen wir uns hin, und was ist verderblich."
So arbeiten die Caterer vorerst im Blindflug weiter. Und während Franziska Ernst auf den vereisten Landstraßen die Mahlzeiten an Schulen liefert, wünscht sie sich ein Ende der wirtschaftlichen Schlitterpartie. "Wir wollen einfach wieder normal arbeiten und kochen können."
Sendung: Antenne Brandenburg, 01.02.2021, 15:40 Uhr