Streit um Abstimmungstermin - Landeswahlleiter gegen Volksentscheid am Tag der Wiederholungswahl

Di 13.12.22 | 13:48 Uhr
Stephan Bröchler, Verwaltungswissenschaftler an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und neuer Landeswahlleiter, gibt eine Pressekonferenz zu seinen Planungen. (Quelle: dpa/Carsten Koall)
Audio: rbb24 Inforadio | 13.12.2022 | Stefan Bröchler | Bild: dpa/Carsten Koall

Der Berliner Senat will am Dienstag entscheiden, ob der Volksentscheid zur Klimaneutralität am 12. Februar zur Wiederholungswahl stattfindet. Landeswahlleiter Bröchler hält den Termin für unrealistisch - er könne die Wahl gefährden.

Landeswahlleiter Stefan Bröchler hat sich gegen den Volksentscheid am gleichen Termin der Wiederholungswahl am 12. Februar ausgesprochen. Er halte den Vorlauf für zu kurz, um noch eine Wahlbroschüre zum Volksentscheid fertigzustellen, sagte er im rbb24 Inforadio.

Er habe am Montag dem Berliner Verfassungsgerichtshof seine Stellungnahme eingereicht, in der er dezidiert dargelegt habe, dass der Termin für den Volksentscheid nicht zu halten sei. "Es ist im Grund genommen die organisatorische Perspektive, mir geht es nicht um die Verhinderung des Volksentscheids", so Bröchler.

Druckereien könnten nicht fristgerecht liefern

Konkret sehe er nicht, wie noch rechtzeitig die Wahlzettel bis zum 30. Dezember gedruckt vorliegen könnten. Die Initiatoren des Bündnisses "Klimaneustart Berlin" hatten zuvor kritisiert, dass sich der Senat zu wenig bemühe, noch eine Druckerei zu finden, die die notwendigen Druckerzeugnisse noch fristgerecht liefern könne.

Dem widersprach Bröchler. "Es gibt bestimmte Anforderungen an die Druckereien. [...] Die Durchführung einer Wahl ist ja nicht damit getan, dass eine Druckerei benannt wird. Diese Druckereien, wir haben das alles geprüft, scheiden alle als mögliche Druckereien aus."

Wiederholung der Wiederholungswahl gelte es zu verhindern

Doch das Landeswahlamt sei nicht untätig gewesen und habe selbst nach einer Druckerei gesucht, die noch in Frage komme. Allerdings würde diese es erst bis zum 2. Januar kommenden Jahres schaffen - an dem Tag beginne bereits die Briefwahl. "Deshalb war das meine Intervention als Landesabstimmungsleiter, dass ich gesagt habe, das ist sehr risikoreich", so Bröchler.

Nach Urteil des Berliner Verfassungsgerichtshofs ist dem Land auferlegt worden, eine Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus und den Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) zu organisieren. Darauf habe das Landeswahlamt seinen Fokus gelegt. Eine Wiederholung der Wiederholungswahl gelte es unbedingt zu verhindern, so Bröchler.

Abstimmungstermin 26. März im Gespräch

Der Berliner Senat berät am Dienstag darüber, wann der Volksentscheid zur Klimaneutralität stattfinden soll. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hat bereits zuvor deutlich gemacht, dass der 12. Februar vom Tisch sei, weil die Vorbereitungszeit zu knapp sei. Das habe nicht nur mit der Frage der Papierbestellung zu tun.

Als Termin ist seit einigen Tagen der 26. März im Gespräch. Das Bündnis "Klimaneustart" fürchtet eine geringe Beteiligung am Volksentscheid, wenn er nicht parallel zu einer Wahl stattfindet - und damit ein Scheitern wegen bestimmter Quoren.

Klage der Initiative scheiterte vergangene Woche vor Gericht

Die Initiatoren der Volksinitiative "Berlin 2030 klimaneutral" hatte am vergangenen Donnerstag Klage beim Oberverwaltungsgericht Berlin (OVG) eingereiht, um gerichtlich durchsetzen, dass die Abstimmung auf den Tag der Wiederholungswahl am 12. Februar kommenden Jahres stattfindet. Allerdings ist die Initiative mit einem Eilverfahren in zweiter Instanz erfolglos geblieben. Das teilte das Oberverwaltungsgericht am Freitag mit. Das Verwaltungsgericht hatte sich zuvor bereits für nicht zuständig erklärt und deshalb einen entsprechenden Eilantrag abgelehnt.

Nachdem der Senat diesen Dienstag eine Entscheidung festgelegt hat, wann die Abstimmung stattfinden soll, wird der Verfassungsgerichtshof wahrscheinlich Ende dieser Woche eine Entscheidung fällen - auch dort hat die Initiative einen Eilantrag eingereicht.

Senat hält Ziel des Bündnisses für unrealistisch

Konkret will das Bündnis erreichen, dass Berlin bis 2030 und nicht wie bislang vorgesehen bis 2045 klimaneutral wird. Dafür soll das Energiewendegesetz des Landes geändert werden. Dass im Zuge eines Volksbegehrens die nötige Unterschriftenzahl für einen solchen Volksentscheid zusammenkam, steht seit 29. November fest.

Der Senat hält das Ziel des Bündnisses, die CO2-Emissionen bereits im Jahr 2030 um 95 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 zu senken, für nicht erreichbar.

Sendung: rbb24 Inforadio, 13.12.2022, 9:40 Uhr

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