Kommentar | Flussbad Berlin - Eine coole Idee vor dem Untergang
Das Projekt Flussbad Berlin an der Museumsinsel hat schon Millionen gekostet. Viel besser sind die Aussichten auf eine Realisierung dadurch nicht geworden. Nun kommt eine fragwürdige Auftragsvergabe hinzu. Zeit, das Projekt zu beerdigen, kommentiert Torsten Mandalka.
Das Flussbad, der Spreekanal in Berlins Mitte, liegt direkt an meinem Fahrrad-Weg ins Büro. Von der Freitreppe am Stadtschloss mal eben ins Wasser springen, oder an der Museumsinsel im kühlen Nass dümpeln - was für eine coole Vorstellung. Ein tolles Projekt, ich bin voll dafür - das war mein Gedanke, als ich das erste Mal von der Idee hörte.
Das war vor Jahren. Dann habe ich mich nicht mehr damit befasst, bis eines Tages ein Packen von Dokumenten im Postfach von rbb24 Recherche landete. Da gebe es finanzielle Unstimmigkeiten, ob wir dem mal nachgehen wollten. Eigentlich wollte ich nicht. Es ging um 60.000 Euro - herrjeh, keine große Summe für Berlin. Und deswegen eine coole Idee madig machen? Muss eigentlich nicht sein.
Einkommensbeschaffungsmaßnahme
Aber dann - nach genauerer Durchsicht - änderte sich der erste Eindruck. Es geht ums Prinzip. Wer so locker mit 60.000 Euro öffentlichem Geld umgeht, der tut das vielleicht auch mit den sechs Millionen, die bisher schon geflossen sind. Wenn 60.000 Euro vom Verein in die Firma des Vorsitzenden des Vereins und seines Bruders geflossen sind, dann riecht das ganz gewaltig. Rechte Tasche, linke Tasche - heißt es im Volksmund, man kann auch sagen: Verschiebebahnhof, Selbstbedienungsladen, Einkommensbeschaffungsmaßnahme.
So attraktiv das Projekt auch rüberkommen mag, so geschickt es die Brüder Edler auch vermarkten (wohl im wahrsten Sinne des Wortes): Das geht nicht! Mit Interessenskonflikten und Verstößen gegen die Wettbewerbsregeln kann man sich nicht gemein machen - auch nicht für eine gute Sache.
Fragen über Fragen
Eine gute Sache? So gut ist sie bei näherem Hinsehen gar nicht. Hunderte Fragen tauchen plötzlich auf - hier eine kleine Auswahl:
- Kann eine Unterwassergraswiese das Wasser wirklich dauerhaft sauber machen, wenn nach wie vor Berlins Dreck in die Spree gespült wird?
- Wie verträgt sich eigentlich das Weltkulturerbe Museumsinsel mit einem Flussbad, dessen Besucher bestimmt nicht nur ihre Klamotten von sich werfen?
- Wie will man eigentlich in einem Areal bauen, in dem jeder Stein unter Denkmalschutz steht? Und zu welchen Kosten?
- Wird der Bundestag wirklich die Bundeswasserstraßenordnung ändern - nur wegen des Berliner Spreekanals?
- Schwimmen unter Brücken verboten - das mag hier unsinnig sein, ist aber auch Bundesrecht und führt zur gleichen Frage wie zuvor schon: Wird der Bundestag…?
Schon vor Baubeginn mausetot
Die wichtigste Frage aber lautet: Haben wir keine anderen Probleme, für deren Lösung wir - realistisch geschätzt - mehr als 100 Millionen ausgeben sollten?
Eigentlich ist die Antwort klar: So cool das Projekt auch ist, bei sachlicher Betrachtung ist jeder Cent Steuergeld dafür zu viel. Ein paar Leute haben daran gut verdient - während andernorts das Geld zur Schwimmbadsanierung oder Maßnahmen gegen die Austrocknung der Kleingewässer fehlt. Dabei ist das Flussbad in der Mitte Berlins schon vor seinem Baubeginn mausetot. Jetzt gibts nur eins: Schluss damit! Sofort!
Sendung: rbb24 Abendschau, 14.07.2022, 19:30 Uhr