Kein Einspruch gegen Gerichtsentscheid - Ab 23. November dürfen wieder Autos durch die Friedrichstraße fahren

Mo 07.11.22 | 14:10 Uhr
Ein Fahrrad-Piktogramm auf der Straße markiert den autofreien Abschnitt der Friedrichstraße.(Quelle:dpa/M.Skolimowska)
Audio: rbb 88, 8 | 07.11.2022 | Tatiana Brasching | Bild: dpa/M.Skolimowska

Die umstrittene Teilsperrung der Berliner Friedrichstraße für Autos wird aufgehoben - die Senatsverwaltung hat gegen einen entsprechenden Gerichtsentscheid keinen Einspruch erhoben. Autos dürfen wieder passieren - vorerst, wie es heißt.

Die Friedrichstraße in Berlin-Mitte darf "mit Ablauf des 22. Novembers" wieder komplett von Autos befahren werden. Das teilte die Senatsverkehrsverwaltung am Montag mit. Sie werde keine Beschwerde gegen die Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin einlegen, hieß es. Das Gericht hatte am Dienstag vor zwei Wochen erklärt, es sei rechtswidrig, den betreffenden Abschnitt der Friedrichstraße im Zentrum Berlins für Autos zu sperren.

Das Verwaltungsgericht hatte die anhaltende Sperrung einer etwa 500 Meter langen Strecke der Friedrichstraße nahe dem Gendarmenmarkt am 24. Oktober für rechtswidrig erklärt. Bis Dienstag hätte die Senatsverwaltung für Mobilität Zeit gehabt, um beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Beschwerde einzulegen.

Fahrradstraße soll bis Ende November entstehen

Im Zuge eines Modellversuchs war seit August 2020 der Abschnitt zwischen Französischer und Leipziger Straße, an dem auch das Luxuskaufhaus Galeries Lafayette liegt, für Autos gesperrt. Fahrräder durften weiter auf einem doppelten Radstreifen die Straße befahren. Der erhoffte Aufschwung für das in die Krise geratene Warenhaus blieb allerdings aus.

Der Radstreifen, Sitzgelegenheiten und Bepflanzungen sollen nun entfernt werden. Für Fahrradfahrer soll auf der parallel verlaufenden Charlottenstraße bis voraussichtlich Ende Novemver eine Fahrradstraße entstehen. Der Durchgangsverkehr von Autos werde dann dort durch gegenläufige Einbahnstraßen ausgeschlossen. Anlieger und Lieferanten könnten die Straße aber weiterhin mit Fahrzeugen benutzen, ebenso bleibe die Zufahrt zu Parkhäusern möglich.

Senat gibt Plan für dauerhafte Umgestaltung nicht auf

Die Senatsverwaltung schrieb gleichzeitig, dass der Verkehr auf dem Teilabschnitt zwischen Französischer und Leipziger Straße nur "vorerst" wieder freigegeben werde. Das Verfahren "zur dauerhaften Umwidmung der Friedrichstraße in eine autofreie Fußgängerzone mit einer angepassten Lieferverkehrsregelung" laufe weiter. Demnach werde die Veröffentlichung der Umwidmung im Amtsblatt bis zum Jahresende angestrebt.

Die Berliner Verkehrssenatorin Bettina Jarasch (Grüne), hatte kurz nach dem Entscheid des Verwaltungsgerichts gesagt, dass das Urteil "gar nichts" an den Plänen für die Friedrichstraße ändere. Demnach solle eine Neugestaltung des Stadtraums erfolgen, die auch die Umgebung der Straße umfasse. "Ein Gestaltungswettbewerb, der das gesamte Areal in den Blick nimmt, ist in Vorbereitung", so Jarasch. Sie stelle sich einen Ort vor, "an den man gerne geht und wo man gerne bleibt."

Opposition kritisiert Jaraschs Pläne

CDU-Fraktionschef Kai Wegner bezeichnete es als "selbstverständlich", dass Jarasch das Urteil des Gerichts akzeptiere und die Straße für Autos freigebe. "Das alles kommt allerdings viel zu spät. Viele Händler haben unter dem lästigen Verkehrsversuch gelitten, Arbeitsplätze sind in Gefahr."

FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sprach von einem "Taschenspielertrick" und kritisierte, Jarasch wolle mit der Entwidmung der Straße neue Tatsachen schaffen, ohne ein wirkliches Konzept zu haben. "Dass es Senatorin Jarasch vor allem um einen Kulturkampf gegen das Auto statt um eine lösungsorientierte Verkehrspolitik geht, wird langsam zum Problem für unsere Stadt."

Die Vorsitzende der AfD-Fraktion, Kristin Brinker, sprach Jarasch "Rechtskompetenz" ab und warf ihr eine "Verzögerungstaktik" vor. Sie erklärte: "Dieser Umgang mit dem Gerichtsurteil und mit dem Bürgerwillen ist zutiefst undemokratisch."

Weinhändlerin setzt sich gegen Senat durch

Gegen die anhaltende Sperrung hatte eine Weinhändlerin mit Geschäft in der Charlottenstraße geklagt. Sie wollte nicht akzeptieren, dass in der Friedrichstraße keine Autos fahren dürfen, obwohl der gut einjährige Verkehrsversuch dazu im Oktober 2021 ausgelaufen war.

Das Gericht befand in seiner Eilentscheidung, für die anhaltende Sperrung fehle eine Rechtsgrundlage in der Straßenverkehrsordnung. Straßenverkehrsbehörden könnten die Benutzung bestimmter Strecken demnach aufgrund der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten, nicht jedoch für eine bessere Aufenthaltsqualität.

Sendung: rbb24 Abendschau, 07.11.2022, 19:30 Uhr

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