Vorwürfe der Vetternwirtschaft und Verschwendung - Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Ex-rbb-Intendantin Schlesinger
Gegen die zurückgetretene rbb-Intendantin Schlesinger laufen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft. Der Verdacht der Untreue und Vorteilsannahme steht im Raum. Auch gegen ihren Ehemann und den Verwaltungsratschef wird ermittelt.
Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelt gegen die zurückgetretene rbb-Intendantin Patricia Schlesinger, ihren Ehemann und früheren "Spiegel"-Journalisten Gerhard Spörl sowie den rbb-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf.
"Gegenstand des Verfahrens sind die Vorwürfe der Untreue und der Vorteilsannahme", sagte Sebastian Büchner, Sprecher der Staatsanwaltschaft, dem rbb. "Im Kern geht es dabei vor allem um die Frage der Auftragsvergabe durch die Messe Berlin GmbH, bei der eben möglicherweise Frau Schlesinger auch Einfluss genommen haben soll." Laut Büchner wurden die Ermittlungen bereits letzte Woche eingeleitet.
Eine Anzeige der AfD hatte die Staatsanwaltschaft kürzlich nicht weiter verfolgt, nun wurde das Verfahren demnach in der vergangenen Woche wieder aufgenommen. Der Sprecher verwies darauf, dass es zwischenzeitlich neue Veröffentlichungen gegeben habe. Die Ermittlungen werden voraussichtlich mehrere Monate dauern.
Schlesinger und Wolf weisen Vorwürfe zurück
Im Fokus stehe vorerst die Frage, ob Schlesinger Einfluss auf den Abschluss von Beraterverträgen im Zusammenhang mit der Messe Berlin genommen habe. Schlesingers Ehemann soll von der Messegesellschaft einen hochdotierten Beratervertrag erhalten haben. Dieser Auftrag soll von Verwaltungsratschef Wolf vermittelt worden sein, der auch Aufsichtsratschef der Messe Berlin ist.
Sowohl Schlesinger, als auch Wolf weisen die Vorwürfe zurück. Ob sich noch weitere Verdachtsfälle ergeben, werde sich zeigen, so die Staatsanwaltschaft.
Innerhalb des Hauses hat Schlesingers Rückzug auch Erleichterung ausgelöst. "Wir sagen aber auch, es kommt viel, viel zu spät", so Ute Zill vom Redaktionsausschuss der rbb24 Abendschau. "Wir waren vor sieben Wochen schon bei ihr oben und haben über die ersten Geschichten gesprochen, die bekanntgeworden sind. Nämlich die möglichen Zusammenhänge zwischen ihrem Mann und der Messe Berlin. Da wurde uns noch gesagt: Dagegen gehen wir vor, das ist alles nicht war."
Externe Untersuchung hat begonnen
Schlesinger, die am Sonntag zurückgetretene Chefin des ARD-Senders Rundfunk Berlin-Brandenburg, sieht sich seit Ende Juni durch Medienberichte - vor allem von "Business Insider" - zahlreichen Vorwürfen ausgesetzt, ebenso ihr Mann sowie Verwaltungsratschef Wolf, dessen Amt derzeit ruht. Es läuft eine externe Untersuchung einer Anwaltskanzlei. Ergebnisse liegen noch nicht vor.
Die bislang ungeklärten Vorwürfe reichen von fragwürdigen Beraterverträgen zu einem inzwischen auf Eis gelegten Bauprojekt, einer großen Gehaltserhöhung für Schlesinger auf gut 300.000 Euro bis zu einem zusätzlichen Boni-System. Außerdem geht es um Essen mit "Multiplikatoren" auf rbb-Kosten in ihrer Privatwohnung und einen luxuriösen Dienstwagen, für den es einen hohen Rabatt gegeben haben soll. Schlesingers Ehemann bekam auch Aufträge von der landeseigenen Messe Berlin.
Sendung: rbb24 Abendschau, 08.08.2022, 19.30 Uhr
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