rbb-Affäre - Generalstaatsanwaltschaft Berlin übernimmt Ermittlungen im Fall Schlesinger
Der Fall ist zu bedeutend: Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Emittlungen gegen Patricia Schlesinger an sich gezogen. Auch der Rundfunkrat sieht dringenden Redebedarf und drückt aufs Tempo.
In der rbb-Affäre um die zurückgetretene Intendantin Patricia Schlesinger hat die Generalstaatsanwaltschaft Berlin die Ermittlungen übernommen. Das bestätigte die Behörde am Donnerstag rbb24 Recherche.
Zur Begründung wurde auf die Bedeutung des Falles verwiesen. Während bei staatsgefährdenden Delikten wie zum Beispiel Terrorismus die Generalstaatsanwaltschaft automatisch die Ermittlungen übernehme, könne sie darüberhinaus in einzelnen Verfahren als vorgesetzte Dienstbehörde die Ermittlungen an sich ziehen, sagte Sebastian Büchner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaften.
Die passiere bei Fällen "von herausragender Bedeutung", auf die man einen besonderen Fokus legen wolle. Eine solche Einzelfallentscheidung sei dies hier gewesen, so Büchner im rbb24 Inforadio. Die Frage, ob damit die Causa Schlesinger "Chefsache bei der Justiz" geworden sei, bejahte Bühner: "Das kann man so sagen."
Sprecher: Verfahren "zieht Kreise"
Das Verfahren ziehe laut Büchner "tatsächlich Kreise", "viele Personen" seien involviert und wegen der Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und der Vorwürfe die damit zusammenhängen.
Am Montag hatte die Berliner Staatsanwaltschaft dem rbb bestätigt, dass sie gegen Schlesinger, deren Ehemann sowie den inzwischen zurückgetretenen rbb-Verwaltungsratsvorsitzenden Wolf-Dieter Wolf ermittelt. Die Vorwürfe gegen Schlesinger sind zahlreich. Sie betreffen im Kern die Frage, ob sie in unzulässigerweise private und dienstliche Belange vermengt haben könnte. Zugleich geht es darum, ob sie etwa bei Beraterverträgen zu nachlässig war.
Konkret wird wegen des Verdachts der Untreue und der Vorteilsannahme ermittelt. Vom gesetzlichen Strafrahmen her würden sich beide Delikte nichts nehmen, "von der anderen Seite her wären Delikte der Vorteilsannahme die schwerwiegenderen, weil damit natürlich die Frage des Ansehens des öffentlichen Rundfunks und des öffentlichen Dienstes mehr verbunden ist", sagte Büchner.
Rundfunkrat tagt nun schon am Montag
Außerdem wurde bekannt, dass die Sitzung des rbb-Rundfunkrats von Dienstag auf Montag kommender Woche vorgezogen wurde. Dabei soll es um Details der Trennung von Schlesinger gehen.
Die Modalitäten ihres Ausscheidens beim Sender sind noch offen. Auch Spekulationen um eine mögliche Abfindung für Schlesinger kamen auf. Das Dienstverhältnis würde nominell Ende Februar 2023 enden, Schlesinger zeigte sich bereit, das zu verkürzen - wenn sichergestellt sei, dass es sich um einen "vertragsgemäßen Verzicht" handele.
Rundfunkratsmitglied: "Scheuen uns nicht, Frau Schlesinger in Regress zu nehmen"
In den vergangenen Tagen seien weitere Pflichtverletzungen bekannt geworden, sagte das Rundfunkratsmitglied und medienpolitischer Sprecher der brandenburgischen SPD-Fraktion, Erik Stohn: "Wir scheuen uns als Gremium nicht davor, gegebenenfalls auch darauf zu drängen, Frau Schlesinger in Regress zu nehmen."
Der Rundfunkrat müsse jedoch rechtlich gut abgesichert agieren und auch die Vermögensposition des rbb schützen, sagte Stohn dem evangelischen Pressedienst mit Blick auf einen möglichen Rechtsstreit über die Trennung des Senders von Schlesinger. Dass sich das Gremium die nötige Zeit für Entscheidungen zu dem Themenkomplex nehme, sei vollkommen legitim.
Sendung: rbb24 Inforadio, 11.08.2022, 13:00 Uhr